




Annette Schavan mag die Sacharbeit. Auch wenn sie langweilig ist. Was sie hasst, ist Populismus um des Krawalls willen. Nicht mal, wenn es um politische Unterscheidbarkeit geht. Die Differenzierung liegt ihr deutlich näher als die steile These, die Verhandlung eher als die Attacke. Deshalb dürfte die Situation, in der sich die Bildungs- und Wissenschaftsministerin gerade befindet, maximal unangenehm sein.
Sie gerät jetzt zum Spielball anderer, die weniger zimperlich agieren. Die Uni Düsseldorf entschied gestern Abend, eine Aberkennung ihrer Doktorarbeit zu prüfen. Die Hochschule betonte, dies sei keine Vorverurteilung. Und doch zeigt das mittlerweile Monate dauernde Verfahren um die Schavansche Promotion, mit angeforderten Gutachten und noch mehr unangeforderten Expertisen, eines: Es gibt bisher keine endgültiges Urteil über die Güte ihrer Arbeit. Genau diese Lage ist Schavans Problem.
Die drei nützlichsten Programme zum Aufspüren von Plagiaten
Platz 1 im Test machte die Software PlagAware. Das Programm bekam allerdings auch nur die Note 3,3. Preislich schlägt das Programm mit maximal 15 Euro zu Buche. Für Hochschulen ist PlagAware aber nur mäßig nützlich, weil jeder Text einzeln hochgeladen werden muss.
Turnitin ist eine in den USA recht weit verbreitete Software. Die Berliner Experten von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin gaben dem Programm aber nur die Note vier. Damit erreicht Turnitin Platz zwei im Ranking. Der Preis hängt von der Anzahl der Studierenden ab.
Platz drei geht an die Software Ephorus. In puncto Benutzerfreundlichkeit hat die Software nach einer Überarbeitung Rang zwei erhalten. Bei der durchschnittlichen Bewertung gab es nur die Note 4,8.
Die akademische Zweifelhaftigkeit des Textes – die Schavan vehement bestreitet - ist nicht Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, bei dem der Grundsatz „in dubio pro reo“ zum Tragen käme – und die Ministerin wohl freigesprochen würde. Die Zweifelhaftigkeit wird in der Universität, aber vor allem auch der politischen Arena verhandelt werden. Der Hochschule muss es um klare Standards und deren strikte Einhaltung gehen. In der Politik hingegen wittert man Angriffsflächen: Im Zweifel stürzt man sich auf den politischen Gegner.
Bislang haben sich gewichtige Verteidiger der Ministerin zu Wort gemeldet. Doch ihre Kritiker sind nicht minder respektabel. Unverkennbar ist, dass die Promotion zahlreiche Mängel und Unsauberkeiten enthält. Unklar bleibt, ob sie auch das akademische Todesurteil „Plagiat“ rechtfertigen.
Annette Schavan hatte spät, aber umso wirkungsvoller, ihre Haltung zur Promotion Karl-Theodor zu Guttenbergs gefunden: Ihr „Ich schäme mich nicht nur heimlich“ ist einer der Sätze dieser Legislaturperiode. Auch wenn Guttenbergs als Doktorarbeit getarnte Textcollage in ihrer Ruchlosigkeit einzigartig gewesen sein mag: Schavans Ausspruch ist exakt der Maßstab, an dem sie selbst gemessen werden muss.
Eine Wissenschaftsministerin und Honorarprofessorin, noch dazu mit dieser Vorgeschichte, muss die Standards des akademischen Arbeitens verteidigen können, ohne Einschränkungen. Wenn die Universität als Hüterin dieser Standards, samt der Mehrzahl der Gutachter, zu dem Schluss kommen sollte, dass die damalige Promovendin und heutige Ministerin unzureichend gearbeitet hat, ist diese Bedingung kaum noch erfüllt.
Dann wird der Wahlkampf über Annette Schavan kommen. Irgendwann wird sich jemand für die Ministerin schämen. Dann wird es sehr eng.