Plug-in-Hybride Warum ein Umweltverband Kaufprämien an Verbrauchsdaten koppeln will

Während die deutschen Hersteller bislang kaum E-Autos im Angebot haben, verdienen sie mit Plug-in-Hybriden gutes Geld. Quelle: REUTERS

Von einer Neuauflage der Abwrackprämie könnten Plug-in-Hybride ganz besonders profitieren. Ihr ökologischer Nutzen hängt jedoch stark vom Fahrer ab. Der BUND fordert daher eine Kontrollklausel für die Förderung.

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Wenige Tage vor dem Autogipfel im Kanzleramt erhöht die Autoindustrie den Druck auf die Bundesregierung. Sie fordert Kaufprämien, um – wie schon in der Finanzkrise 2009 – den Autoabsatz zu stabilisieren und die Konjunktur wieder anzukurbeln. Umweltverbände befürchten daher, dass aufgrund der Coronapandemie künftig auch Fahrzeuge staatlich bezuschusst werden könnten, deren langfristiger ökologischer Nutzen fraglich ist.

In der Kritik stehen nicht nur mögliche Prämien für klassische Verbrenner, sondern auch für Plug-in-Hybride, also Autos, die neben einem Verbrennungsmotor auch einen kleinen Elektromotor mit geringer Reichweite haben. Der Hintergrund ist schnell erklärt: Während die deutschen Hersteller bislang kaum E-Autos im Angebot haben, verdienen sie mit Plug-in-Hybriden gutes Geld.

Bisher fördern Bundesregierung und Hersteller den Kauf von Plug-in-Hybriden bereits mit bis zu 4500 Euro. Dieser sogenannte Umweltbonus wurde erst kürzlich erhöht. Die Fahrzeuge dürfen laut Normzyklus nur 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Dafür dürften sie dann nur 1,9 Liter Diesel oder 2,1 Liter Benzin pro 100 Kilometer verbrauchen.

von Martin Seiwert, Stefan Hajek, Benedikt Becker, Silke Wettach

Das Problem jedoch: Viele Kunden nutzen ihren Plug-in nicht so umweltbewusst, wie sich das Politik und Autobauer vorstellen, fahren also kaum elektrisch.

Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), fordert daher, die staatliche Förderung an den realen Verbrauch zu knüpfen. Jegliche Art von Kaufbeihilfen oder anderen Vergünstigungen dürfe nur dann gewährt werden, so Hilgenberg, „wenn die Käufer nachweisen, dass sie ihr Fahrzeug zum weitaus überwiegenden Teil elektrisch betrieben haben“. Der Anteil müsse mindestens 70 bis 80 Prozent betragen. Technisch ließe sich das problemlos über den Bordcomputer nachweisen. Beihilfen würden dann erst im Nachgang ausgezahlt, so Hilgenberg.

Der Umweltlobbyist fordert eine solche Regelung schon länger – nicht erst, seit in der Coronakrise wieder über Kaufprämien diskutiert wird. Denn der größte Fehlanreiz in der Förderung von Plug-in-Hybriden liegt bei den Dienstwagen. Auch dort muss für die Förderung durch den halbierten Steuersatz nicht nachgewiesen werden, wie viele Kilometer elektrisch zurückgelegt werden. Das ist problematisch, da die meisten Dienstwagen mit einer Tankkarte vom Arbeitgeber kommen. Es gibt deshalb für Arbeitnehmer keinen Anreiz, das Auto zu Hause an die Steckdose zu hängen.

Weil der Plug-in-Anteil bei Dienstwagen zuletzt besonders stark angestiegen ist, will auch das Umweltministerium diese Fehlkonstruktion möglichst schnell beseitigen. Im zuständigen Finanzministerium scheint man diese Eile jedoch nicht zu teilen.

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