
Die überraschende Entscheidung Thüringens, die Pkw-Maut im Bundesrat doch nicht zu verzögern, ist erst nach der Zusage eines regionalen Bahnprojekts gefallen. Das Förderversprechen hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) in der Nacht unmittelbar vor der Abstimmung am Freitag gegeben, wie als erste die „Bild“-Zeitung und auch andere Medien berichteten.
Ramelow verteidigte seine Entscheidung in der Nacht zu Samstag im Kurznachrichtendienst Twitter: Die Anrufung des Vermittlungsausschusses (VA) von Bundestag und Bundesrat hätte nur zu Detailänderungen an der Pkw-Maut führen können, diese aber nicht völlig verhindert, argumentierte er. „Der VA ist nicht die Lösung des Problems. Der EuGH entscheidet es, dafür haben wir den Weg frei gemacht.“
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheidet erst, wenn gegen die Pkw-Maut geklagt wird. Österreich hat nach der Bundesratsentscheidung am Freitag angekündigt, „zeitnah“ rechtliche Schritte einzuleiten.
Was die Pkw-Maut konkret für Autofahrer vorsieht
Inländer sollen für das knapp 13 000 Kilometer lange Autobahnnetz und das 39 000 Kilometer lange Netz der Bundesstraßen Maut zahlen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf den Autobahnen.
Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird. Sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Motors. Im Schnitt kostet sie 67 Euro, maximal 130 Euro. Benziner sind günstiger als Diesel.
Für Ausländer gibt es neben der genauso berechneten Jahresmaut auch zwei mögliche Kurzzeittarife: Eine Zehn-Tages-Maut für 2,50, 4, 8, 14, 20 oder 25 Euro sowie eine Zwei-Monats-Maut für 7, 11, 18, 30, 40 oder 50 Euro (ebenfalls je nach Größe und Umweltfreundlichkeit).
Mautpflichtig sind auch Wohnmobile. Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten und Krankenwagen sind mautfrei.
Statt an Klebe-Vignetten sollen alle Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Kontrolliert werden soll dies in Stichproben durch einen elektronischen Kennzeichen-Abgleich. Daten sollen nur hierfür erfasst und schnell wieder gelöscht werden.
Wer keine Maut zahlt und erwischt wird, muss eine Geldbuße zahlen. Genaue Summen sind noch nicht festgelegt. Geldbußen sollen auch im Ausland eingetrieben werden.
Inländer, die nachweisen können, dass sie in einem Jahr nicht auf Autobahnen und Bundesstraßen gefahren sind, können die Maut zurückfordern. Nachweis könnte ein Fahrtenbuch sein.
Der „Ostthüringer Zeitung“ (Samstag) sagte Ramelow, Dobrindt habe zugesagt, dass die Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Weimar und Gößnitz zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werde. Noch in dieser Legislaturperiode wolle Dobrindt die Voraussetzungen für einen Planungsstart durch eine Finanzierungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn schaffen. „Wir brauchen durchlaufende Fernverkehrszüge für Ostthüringen“, sagte Ramelow. Dafür sei die Elektrifizierung die Voraussetzung. Bislang war das Bauprojekt nicht im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes enthalten.