Politikberater Spreng "Martin Schulz hat keine Autorität in der SPD"

Der SPD Bundesvorsitzende Martin Schulz (l-r) sitzt neben SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles und dem Vizevorsitzenden Olaf Scholz. Quelle: dpa

Weder Angela Merkel noch Martin Schulz zeigen Führungsstärke, meint Politikberater Michael Spreng. Im Interview erklärt er, wie ein Großteil der SPD eine neue GroKo verhindern will und warum die FDP für ihn immer unglaubwürdiger wird.

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Herr Spreng, ab Januar wollen Union und SPD verhandeln. Was ist wahrscheinlicher - eine Neuauflage der Großen Koalition oder Neuwahlen?
Michael Spreng: Das ist völlig offen. Die SPD weiß nicht, ob sie in die große Koalition möchte. Es gibt den berühmten Satz von Martin Schulz nach der Wahl, er strebe gar nichts an. Das war die politische Bankrotterklärung des Jahres, ein SPD-Chef ohne Idee. Zugleich erhebt die SPD jeden Tag neue Forderungen und definiert rote Linien. Daher bin ich sehr skeptisch, ob Union und SPD zueinander finden.

Klingt nach einer schwer traumatisierten SPD.
So ist es. Zudem ist die Koalitionsfrage eng mit dem Schicksal von Martin Schulz verbunden, es geht immer auch um seine Autorität. Er gibt keine Richtung vor und strahlt keine Führung aus. Schulz ist der schwächste Parteichef seit vielen Jahren. Das macht die SPD unberechenbar.

Andrea Nahles sagte, eine neue große Koalition würde für die Union teuer werden. Was erwarten Sie von einer neuen GroKo?
Reichensteuer, höherer Spitzensteuersatz und Bürgerversicherung – das sind alles rote Linien der Union. Die Forderungen der SPD sind Gift für die Gespräche und machen einen Abschluss sehr schwer. Es wird aber nicht nur finanziell teuer. Die SPD fordert einen hohen politischen Preis, den die Union nicht zahlen kann. CDU und CSU können weder Steuern erhöhen noch der Bürgerversicherung zustimmen.

Zur Person

Klingt nach Sabotage der Gespräche.
Viele in der SPD hoffen, dass sie die große Koalition irgendwie noch verhindern können. Und das hat rein innerparteiliche Gründe, schließlich ist sie extrem gespalten. Es geht mehr um die Einheit der SPD als darum, ob das Land gut regiert wird.

Vor allem Parteilinke fürchten, die SPD könnte implodieren, wenn sie wieder in eine große Koalition geht.
Das Argument, man müsse in die Opposition gehen, um sich zu erneuern, ist nicht stichhaltig. Sie SPD war von 2009 bis 2013 ja bereits in der Opposition und hat sich nicht erneuert. Sigmar Gabriel hat vor vier Jahren Führung bewiesen, seine Meinung durchgesetzt, die SPD in die Regierung geführt – und dabei seine Leute mitgerissen. Nur wen soll Martin Schulz mitreißen, wenn er sagt, dass er nichts anstrebt?

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Marco Buschmann, FDP Quelle: dpa

Martin Schulz ist also ein Parteichef auf Abruf?
Ja, die SPD hat ihn nicht aus Überzeugung wiedergewählt. Es ging darum, eine noch schlimmere innerparteiliche Krise zu vermeiden. Aber Martin Schulz hat keine Autorität in der SPD.

Schulz hat vor und nach der Wahl ziemlich gegen Merkel gewettert. Ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit überhaupt möglich?
Beide Seiten waren nicht zimperlich. Angela Merkel hatte die SPD als nicht regierungsfähig bezeichnet. Das wird am Ende nicht ausschlaggebend sein. Entscheidend ist, wer was will, ob überhaupt jemand etwas will und die schwache Autorität von Martin Schulz.

Bei der Union hat man mittlerweile den Eindruck, es gehe nur noch ums Regieren. Wie können sich CDU und CSU erneuern?
Wenn sich die Union erneuern will, müsste sie die Wahlniederlage offen thematisieren. Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen hält die Partei aber still. Eine fatale Lage. Angela Merkel will einfach weiter regieren. Abgesehen davon erkenne ich bei ihr keinerlei politische Ideen oder Projekte.

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