




Jeder dritte Pegida-Anhänger ist laut einer Studie der TU Dresden rechtsnational und fremdenfeindlich. Die meisten Demonstranten, die in den vergangenen Wochen und Monaten in Dresden mit dem islamkritischen Bündnis auf die Straße gingen, seien jedoch mit Politik, Parteien und Medien unzufriedene Bürger, sagte der Politikwissenschaftler Werner Patzelt bei der Vorstellung der Ergebnisse der nicht repräsentativen Untersuchung. Die Gruppierung sei bereits im Zerfall begriffen.
Die Köpfe der Pegida-Bewegung
Wer sind die Köpfe und Wortführer der islamfeindlichen Pegida-Demonstrationen in Dresden und anderswo? Einige Beispiele:
Sie war die einzige Frau im zwölfköpfigen Organisationsteam von Pegida Dresden, die öffentlich in Erscheinung trat. Laut Medienberichten ist sie 37 Jahre alt und arbeitet als Wirtschaftsberaterin. Zuletzt fungierte sie als Pegida-Sprecherin und Schatzmeisterin – und trat als Gesicht von Pegida bei Günther Jauch auf. In ihren Ansprachen schlug Oertel vergleichsweise moderate Töne an, persönliche Angriffe überließ sie anderen. Am 18. Januar wurde bekannt, dass sie von ihren Ämtern zurücktritt. Zur Begründung hieß es, sie sei bedroht worden.
Veranstalter der Kögida-Demo in Köln und Pressesprecher der Pegida NRW, nennt sich „freiheitlich-christlicher Patriot“. Medienberichten zufolge war er Aktivist der „German Defence League“, die islamfeindlich und rechtsextrem ist. Laut Polizei hat er mehrfach Demos mit rechtsradikalen Anliegen angemeldet.
Sie organisierte zuletzt die Bonner „Bogida“-Demos. Medienberichten zufolge war die 36-Jährige im Landesvorstand der NPD-Nachwuchsorganisation „Junge Nationaldemokraten“. Dem „Spiegel“ sagte sie jüngst, es sei für sie unerheblich, ob es den Holocaust gegeben habe. Dittmer sitzt im Vorstand von Pro NRW. Pegida NRW teilte am Dienstag mit, wegen „inhaltlicher Differenzen“ sei die Zusammenarbeit mit Dittmer beendet.
Ex-Journalist und Autor des Bestsellers „Gekaufte Journalisten“, gibt den „Lügenpresse“-Rufern Futter und sieht auch schon seit langem Europa von fanatischen Muslimen bedroht. Schon 2003 erschien dazu sein Buch „Der Krieg in unseren Städten“. In diese Richtung argumentierte auch das Buch „Heiliger Krieg in Europa“.
Er organisiert in Berlin die Bärgida-Bewegung. Der promovierte Ingenieur (60) war 14 Jahre bei der CDU kommunal aktiv, trat 2008 aus und gründete die rechtspopulistische Partei „Die Freiheit“ mit. Die CDU habe zu wenig Distanz zur Linken gezeigt und die Gefahr der muslimischen Parallelgesellschaft in Deutschland nicht erkannt. Die „Freiheit“ verließ Schmitt auch nach einem Jahr.
Er war das Gesicht von „Pegida“ in Dresden: Bachmann rief die Facebook-Gruppe ins Leben, die das islamkritische Bündnis begründete. Er sei kein Rassist, betonte der wegen Diebstahls und Drogendelikten vorbestrafte 41-Jährige stets – doch er musste zurücktreten, da gegen ihn wegen Volksverhetzung ermittelt wird. Zuvor waren ein Foto Bachmanns mit Hitler-Bart und ausländerfeindliche Facebook-Einträge öffentlich geworden.
In Deutschland gebe es allgemein eine „Unzufriedenheit der Bürgerschaft mit ihrer politischen Klasse und dem nach links gerückten Diskurs“, sagte Patzelt, der an der Technischen Universität nicht unumstritten ist. Ostdeutschland und insbesondere Dresden böten günstige Umstände, „dass sich dieses Magma von Unzufriedenheit genau hier in dieser Vulkaneruption ergossen hat“. Nun sei der Vulkan explodiert. „Jetzt regnet es nur noch Asche“, sagte Patzelt.
Die Ergebnisse der Studie beruhen auf Beobachtungen bei den Demonstrationen seit November und auf Befragungen der Teilnehmer bei drei Kundgebungen im Dezember und Januar. 242 von knapp 500 angesprochenen Demonstranten ließen sich interviewen.
Das Vokabular von Pegida
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhundert geläufig, erlebte das Wort um 1940 eine Renaissance. Dahinter standen laut GfdS immer völkische und nationalistische Anliegen, die die staatlich gelenkte „Lügenpresse“ angeblich zu verschleiern versuchte. Aus Sicht der Protestierenden herrscht auch heute keine wirkliche Meinungsvielfalt oder Meinungsfreiheit. Aus ihrer Sicht bestimmen vielmehr Regierung oder System darüber, was veröffentlicht werden darf.
Der Volksverrat findet sich als Straftatbestand erstmals im Nationalsozialismus. Der heutige Gebrauch von „Volksverräter“ zielt nach Angaben der Gesellschaft darauf ab, die gewählten Volksvertreter eben als Verräter an „ihrem“ (sprich: dem deutschen) Volk zu bezeichnen. Vor der Zeit des Nationalsozialismus habe es den Straftatbestand des Hoch- und Landesverrats gegeben. Erst mit dem Wort Volksverrat habe die Straftat aber einen klaren Bezug zur Nationalität erhalten, da mit den bis dahin üblichen Bezeichnungen nicht auf eine völkische oder ethnische Zugehörigkeit Bezug genommen wurde.
Laut Wörterbuch Grimm ist die Bedeutung „westlich gelegenes Land“, zunächst also rein geografisch und ohne Bezug zu einer bestimmten Nation, Kultur oder Religion. Ideologisch besetzt ist das Wort jedoch nach Angaben der Sprachforscher durch das Hauptwerk des Geschichtsphilosophen Oswald Spengler „Der Untergang des Abendlandes“, das klare antidemokratische Züge aufweist. Spengler sah die abendländische Kultur im Untergang begriffen und hielt die freiheitliche Demokratie für ein (unausweichliches) Stadium zum Niedergang.
Im Duden bereits 1929 verzeichnet, 1993 Unwort des Jahres. Auch hier gibt es laut GfdS einen klaren Bezug zur Sprache des Nationalsozialismus. So sprach Joseph Goebbels 1933 von „Überfremdung des deutschen Geisteslebens durch das Judentum“. Heutzutage seien eher andere Gruppen gemeint, das Wort habe sich hartnäckig gehalten.
Ruf bei den Montagsdemonstrationen in der DDR, später abgewandelt zu „Wir sind ein Volk“ - im Hinblick auf die Wiedervereinigung nach dem Mauerfall. Heute von Pegida aufgenommen - genau wie die Tradition der Montagsdemos - zur Abgrenzung gegenüber Zuwanderern, vor allem solchen muslimischen Glaubens.
Die große Mehrheit von fast zwei Dritteln der Pegida-Anhänger bezeichnete Patzelt als „besorgte Gutwillige“, knapp zehn Prozent als „empörte Gutwillige“. Gut drei Viertel der Befragten sehen sich demnach als „deutsche Patrioten“. Auch wenn die Unzufriedenheit mit Politik und Medien im Vordergrund stehe, seien Fremden- und Islamfeindlichkeit Kristallisationspunkte der gemeinsamen Empörung. Ihre politischen Hoffnungen setze die Mehrheit der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ in die AfD.
Nach der Spaltung der Pegida-Führung in ein Lager um Gründer Lutz Bachmann und eines um Ex-Sprecherin Kathrin Oertel rechnet Patzelt beiden Gruppen keine große Anziehungskraft mehr zu. Oertel hatte zusammen mit fünf weiteren Pegida-Abtrünnigen die Gründung des Vereins „Direkte Demokratie für Europa“ angekündigt und für diesen Sonntag zu einer Kundgebung vor der Dresdner Frauenkirche aufgerufen. Pegida will am Montag wieder auf die Straße gehen.
Patzelt war in jüngster Zeit selbst wegen seines Umgangs mit Pegida in die Kritik geraten. Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter der TU warfen ihm vor, fremdenfeindliche Bestrebungen zu verharmlosen. Den Vorhalt, er agiere mehr als Politiker, wies er zurück. Er sei seiner Verpflichtung als Vertreter einer praktischen Wissenschaft und „öffentlicher Intellektueller“ gerecht geworden.