Polizei zu Blockupy-Protesten „Innere Sicherheit Deutschlands ist ernsthaft bedroht“

Das militante Vorgehen von Kapitalismuskritikern bei der Eröffnung des EZB-Neubaus hat eine Debatte über Konsequenzen ausgelöst. Die Deutsche Polizeigewerkschaft stellt massive Forderungen an den Gesetzgeber.

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Bei den Protesten am Mittwoch waren mehr als 220 Polizisten und Demonstranten verletzt worden. Quelle: dpa

Berlin Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat nach den Ausschreitungen beim Blockupy-Protest in Frankfurt härtere Strafen gegen Krawallmacher gefordert. Bei einer gewalttätigen Demonstration sollten künftig „auch diejenigen bestraft werden, die sich nach Aufforderung nicht aus einer gewalttätigen Menschenmenge entfernen“, sagte Verbandschef Rainer Wendt dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Einer solchen Neuregelung des Landfriedensbruchs hat sich die Politik bislang stets verweigert.“

Wendt kritisierte vor diesem Hintergrund die mangelhafte Ausstattung der Bereitschaftspolizeien des Bundes und der Länder. Es stünden zwar etwa 14 Millionen Euro Bundesmittel zur Verfügung. Doch seien mindestens zehn Millionen Euro zusätzlich nötig, „um die Schutzausstattungen für die Kräfte zu erneuern, Wasserwerfer zu beschaffen und die Technikausstattung für Beweissicherung auf dem neuesten Stand zu halten“.

Es müssten möglichst lückenlose Beweisketten geschaffen werden, „die dann auch für spätere Gerichtsverfahren erfolgreich genutzt werden können“, sagte Wendt. Bei den Protesten am Mittwoch waren mehr als 220 Polizisten und Demonstranten verletzt worden. 19 Randalierer hatte die Polizei festgenommen.

Ein ernüchterndes Fazit der Frankfurter Krawalle zieht Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Die innere Sicherheit und auch der innere Frieden in Deutschland sind ernsthaft bedroht. Meine Kolleginnen und Kollegen kommen kaum noch aus den Stiefeln“, sagte Malchow dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). Eine Polizei, die den Rechtsstaat und seine Bürger schützen soll, müsse daher auch personell „stark und gut ausgestattet“ sein. „Und sie braucht den uneingeschränkten Rückhalt der Politik.“

In Frankfurt  seien „massenhaft Straftaten begangen worden“, sagte Malchow weiter. „Aus nacktem Hass und mit menschenverachtender Brutalität.“ Seinen Kollegen sei eine Gewalt entgegengeschlagen, für die selbst erfahrene Einsatzbeamte keine Worte mehr fänden.

„Ich finde es empörend, wenn aus der linken Szene der Polizei eine Mitschuld an den Krawallen zugewiesen wird“, sagte der Polizeigewerkschafter. Malchow forderte alle Gruppen und Organisationen, die friedlich ihren Protest äußern wollen, auf, sich künftig noch stärker von den Gewalttätern abzugrenzen - nicht nur mit Worten, sondern auch durch ihr Verhalten.


„Die Wut auf Bundesregierung und EZB ist groß“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nahm die Veranstalter des Blockupy-Protests in die Verantwortung. „Wir wussten von der Tatsache, dass dort Gewalt angewendet werden soll. Das war in der Szene lange bekannt“, sagte de Maizière im ZDF-„Morgenmagazin“. „Deswegen können die Veranstalter jetzt auch heute nicht so unschuldig tun.“ Lediglich mit dem Ausmaß der Gewalt habe er nicht gerechnet.

Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter warf Blockupy vor, sich selbst und dem Ansehen Frankfurts geschadet zu haben. Das kapitalismuskritische Bündnis müsse daher jetzt sein Vorgehen aufarbeiten, sagte Peter am Donnerstag im rbb-Inforadio.

Fast 20.000 Menschen hätten friedlich gegen die Politik der Europäischen Zentralbank demonstriert. „Dieses Anliegen hätte vorne stehen müssen und nicht die Krawalle.“ Beim G7-Gipfel im Sommer in Bayern dürfe das Gleiche nicht nochmal passieren.

Doch genau das befürchtet Polizeigewerkschafter Wendt. Die Frankfurter Krawalle seien „ein Vorgeschmack auf den G7-Gipfel im Juni auf Schloss Elmau“, sagte Wendt der „Passauer Neuen Presse“. Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen (G7) treffen sich am 7. und 8. Juni in Schloss Elmau in Oberbayern.

Wendt schlug vorübergehende Grenzkontrollen zum G7-Gipfel vor. Das sei eine Möglichkeit, gewaltbereite Demonstranten an der Einreise nach Deutschland zu hindern, sagte er dem Rundfunksender SWR-Info.

Grenzkontrollen sind mit dem Schengener Abkommen abgeschafft worden. Der Grenzkodex des Abkommens nennt aber Voraussetzungen, wann ein Staat vorübergehend wieder Kontrollen einführen darf.

Blockupy-Sprecher Frederic Wester lehnte eine Verantwortung für die gewalttätigen Ausschreitungen in Frankfurt ab. „So eine Eskalation war nicht unser Ziel“, sagte Wester im ZDF-„Morgenmagazin“. „Das sind nicht die Bilder, die wir wollten und für die wir stehen als Bündnis.“ Andererseits sei auch klar: „So groß ist das mediale Interesse nie bei Protesten, wie wenn es zu Auseinandersetzungen kommt.“ Das „berechtigte Anliegen“ der Demonstranten werde seit Jahren nicht gehört.

„Die Wut vieler Menschen aus ganz Europa ist ziemlich groß auf die Politik der Bundesregierung und der EZB“, sagte Wester weiter. „Wenn man jemanden verantwortlich machen möchte, dann ist es die Bundesregierung und die EZB.“

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