Populismus im Vergleich Was Trump, Le Pen und AfD verbindet - und trennt

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Le Pen gegen "Umweltdumping"

Wenn sich Trump selbst als „sehr konservativ“ bezeichnet, so scheinen er und seine Anhänger dabei das urkonservative Anliegen des Bewahrens (lat. „conservare“) der Natur oder der „Schöpfung“, das bei den meisten konservativen Vordenkern in den USA und Europa hohen Stellenwert hatte, zu ignorieren.

Die ökologische Gleichgültigkeit unterscheidet Trump sowohl von der AfD, als auch vom französischen Front National. Besondere Priorität genießen ökologische Fragen allerdings auch dort nicht. „Für den FN beschränkt sich die Ökologie darauf, die Pudel der alten Damen zu streicheln“, sagte kürzlich Stéphane Francois, Historiker und Spezialist für die ökologische Ideengeschichte, in einem Interview.  Marine Le Pen persönlich streichelt vor allem gerne ihre Katzen, deren Bilder sie auch schon mal twittert. Ihre politische Tierliebe fixiert dabei vor allem Vorschläge zum Verbot des betäubungslosen Schlachtens nach islamischem Ritus – das sogenannte „Schächten“.

Umweltschutz galt für Jean-Marie Le Pen, Vater von Marine und Gründer des FN zwar als eine Domäne der „Bobos“, der „bourgeois bohémiens“. So nennt man in Frankreich mit verächtlichem Unterton die neue Klasse linksliberaler, alternativ angehauchter Wohlstandsbürger, also in etwa diejenigen, die man in Deutschland vor allem mit dem Berliner Wohnviertel Prenzlauer Berg verbindet. Aber: im Wahlprogramm des FN hat die Ökologie seit vielen Jahren einen festen Platz. Dafür sorgte Bruno Mégret, in den 1990er Jahren Generalsekretär der Partei. Sein Wunsch nach einem stärker ökologisch-konservativen Profil des FN war einer der Gründe für seinen Abgang 1998.

Der FN unterstützt wie Trump sowohl die Kernenergie als auch die Förderung von Schiefergas durch das sogenannte Fracking. Der Schutz vor der „wilden Globalisierung“, den Le Pens FN bieten will, betrifft die ökonomische und kulturellen Bedrohungen der Franzosen weit mehr als seine natürlichen Lebensgrundlagen. Ähnlich wie Trump beklagte Le Pen in einem Fernseh-Interview kürzlich die „Invasion von Produkten“ aus dem Ausland und stellt dagegen den „ökonomischen Patriotismus“, also die offene Bevorzugung heimischer Unternehmen und den offenen Bruch mit der Europäischen Union – zumindest der Wirtschafts- und Währungsunion.

Sie sei eine Anhängerin der Marktwirtschaft, weil nur erfolgreiche Unternehmen Beschäftigung schaffen könnten. Aber sie ist, so Le Pen, auch Anhängerin eines „strategischen Staats“, der die „industriellen Champions“ durch öffentliche Aufträge und staatliche Forschung ebenso stützen wie er die französischen Bauern vor internationaler Konkurrenz bewahren müsse. Sie sei also „gegen soziales Dumping, gegen Umweltdumping und gegen monetäres Dumping“. Im Gegensatz zu Trump begründet Le Pen ihre Abneigung gegen den Freihandel allerdings auch mit den geringen Umweltschutzstandards in anderen Ländern.

Die deutsche AfD gibt sich grundsätzlich fortschritts- und wirtschaftsfreundlich. Im Grundsatzprogramm heißt es: „Die AfD will auf breiter Front deregulieren … unternehmerischen Geist neu entfachen … den Standort Deutschland durch eine innovations- und technologiefördernde Politik weiter voranbringen.“ Verglichen mit Trump und FN ist die AfD nicht protektionistisch. Von „ökonomischem Patriotismus“ oder dem Staat als Strategen ist im Programm nichts zu lesen. Stattdessen: „Subventionen reduzieren“, und: „ Internationaler Handel ist die Grundlage unseres Wohlstandes und des friedlichen Miteinanders“. Handelsabkommen werden grundsätzlich begrüßt. TTIP und CETA werden allerdings abgelehnt, weil sie die Übertragung von Souveränitäts- und Hoheitsrechten auf Schiedsgerichte vorsehen.  

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