Problemfall Ausbildung Lehrlinge und Betriebe finden immer schwerer zueinander

Rein rechnerisch sind Angebot und Nachfrage in der Ausbildung nahezu ausgeglichen. Trotzdem gehen fast 24.000 junge Menschen leer aus. Die Ausbildungsplätze sind regional und branchenspezifisch unterschiedlich verteilt.

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So wenig Arbeitslose wie nie, und trotzdem finden Zigtausende junge Menschen keinen Ausbildungsplatz in Deutschland. Quelle: dpa

Berlin Die seit Jahren aktenkundigen Probleme am Ausbildungsmarkt verschärfen sich weiter: Lehrlinge und Ausbildungsbetriebe finden immer schwerer zueinander. Einerseits ist die Zahl der unbesetzten Lehrstellen um 5 500 auf fast 49.000 geklettert, meldet die Bundesagentur für Arbeit. Andererseits ist die Zahl der erfolglosen Bewerber ebenfalls deutlich auf fast 24.000 gestiegen.

„Das zehnte Jahr in Folge gab es mehr unbesetzte Ausbildungsplätze als unvermittelte Bewerber“, klagt der Präsident des DIHK, Eric Schweitzer. Er fordert daher erneut, vor allem die Schüler der Gymnasien besser über die Chancen der dualen Ausbildung zu informieren.

Rechnet man allerdings zu den erfolglosen Anwärtern auf eine Lehrstelle noch die gut 56.000 Bewerber hinzu, die zwar eine Alternative gefunden haben – also weiter zur Schule gehen, arbeiten oder sich arbeitslos gemeldet haben – aber dennoch weiterhin an einer Lehre interessiert sind, kommt man unterm Strich auf rund 80.000 potenzielle Lehrlinge ohne Lehrstelle. Nicht eingerechnet sind hier die 300.000 jungen Menschen im sogenannten Übergangssystem, die dort einen Abschluss nachholen oder schlicht auf bessere Zeiten warten, weil sie ihre Traumlehre noch nicht gefunden haben, den Wohnort nicht wechseln wollen oder den Sprung in die Berufswelt scheuen.

Dabei könnte ein Umzug mitunter helfen: Denn in Süddeutschland, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und im Saarland gibt es weit mehr Ausbildungsstellen als Bewerber. In Berlin, Nordrhein-Westfalen und Hessen hingegen fehlt es an betrieblichen Lehrstellen, mahnt die Bundesagentur.

Dazu kommt das Branchen-Problem: In einigen Berufen ist die Chance auf eine Ausbildungsstelle deutlich höher als in anderen. So fehlen vor allem dem Hotel- und Gaststättengewerbe Bewerber. Das gilt ebenso für viele Handwerksberufe, etwa im Lebensmittelhandwerk und im Lebensmittelverkauf, also in Fleischereien und Bäckereien. Aber auch in der Orthopädie- und Rehatechnik oder im boomenden Baugewerbe suchen vielen Firmen Lehrlinge. Im Gegensatz dazu gab es viel weniger Ausbildungsstellen als Bewerber etwa in Büro- und Verwaltungsberufen, in der Kfz-Technik, der Informatik oder in der Medizinischen Fachassistenz.

All diese Befunde sind seit Jahren bekannt und problematisch, verschärfen sich aber zunehmend, so die Bundesagentur. Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert die Jamaika-Unterhändler, dass sie bisher dazu kein Wort verloren haben. Dabei ist der Missstand sehr groß: Rund 1,2 Millionen junge Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren haben keine abgeschlossene Ausbildung und stecken auch nicht in einer Lehre, einem Studium oder im Freiwilligendienst – das sind rund 13 Prozent dieser Altersgruppe.

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