Trotz anhaltender Coronakrise können Bund, Länder und Kommunen in den kommenden Jahren mit deutlich mehr Steuereinnahmen rechnen als zuletzt gedacht. Die Steuerschätzer gehen nach Zahlen des Finanzministeriums vom Donnerstag davon aus, dass bis 2025 rund 179 Milliarden Euro mehr in die Kassen fließen als im Mai vorhergesagt.
Seit 2020 war durch Lockdowns und die Konsumzurückhaltung der Bürger deutlich weniger Geld in die Staatskassen geflossen. Indizien dafür, dass sich die Stimmung aufhellt, sind die Konjunkturprognose der Bundesregierung und das Gutachten der „Wirtschaftsweisen“, die die Regierung beraten. Demnach kommt der Aufschwung zwar später als erwartet und nicht mehr in diesem Jahr. Ab 2022 zeige die Tendenz dann aber kräftig nach oben, sagen sie voraus.
SPD, Grüne und FDP könnten damit während der laufenden Koalitionsverhandlungen neue Spielräume bekommen. Bislang stehen die Verhandler nämlich vor einem Finanzierungsproblem. Sie haben festgelegt, dass weder nennenswert Steuern erhöht noch die Schuldenbremse verändert werden soll. Zugleich wollen die Ampel-Parteien aber rund 50 Milliarden Euro mehr als bisher in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung stecken. Irgendwann steht außerdem die Tilgung der in der Coronakrise aufgenommenen Milliardenschulden an.
Die optimistischen Erwartungen seien für die voraussichtlichen Koalitionäre kein Grund sich auszuruhen, mahnte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). „Die konjunkturbedingt besseren Einnahmen können weder eine Kreditfinanzierung von Investitionen, noch ein gerechteres Steuersystem ersetzen“, sagte Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur. Kleine und mittlere Einkommen müssten entlastet und Superreiche stärker in die Pflicht genommen werden. Das hatten SPD und Grüne in ihren Wahlprogrammen auch versprochen – nach den Sondierungen mit der FDP wurden Steuererhöhungen für Reichere aber ausgeschlossen.
Eine gute Nachricht sieht Körzell für die Beschäftigten der Länder in der laufenden Tarifauseinandersetzung. Die Arbeitgeber könnten sich angesichts der positiven Aussichten nicht vor einer anständigen Lohnerhöhung drücken, sagte er. Derzeit gibt es in dem Tarifstreit bereits Warnstreiks, etwa in Kliniken, Kitas und Schulen.
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