Prognose für 2030 Rentner verursachen mehr Autoverkehr

Stau, Lärm Abgase - der Verkehr auf deutschen Straßen wird weiter zunehmen. Das geht aus der Verkehrsprognose für das Jahr 2030 hervor, die Verkehrsminister Dobrindt vorgestellt hat.

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Dicht an dicht stehen Autos in der Rushhour auf der Stadtautobahn A100 in Berlin. Die Verkehrsbelastung wird weiter zunehmen. Quelle: dpa

Der Verkehr auf deutschen Straßen, Schienen, Wasserwegen und auch in der Luft wird künftig weiter zunehmen. Dies geht aus einer Prognose des Bundes hervor. Demnach wird die Bahn bei den Passagieren bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2010 um fast 20 Prozent zulegen. Der Verkehr mit Autos und Motorrädern soll ein Plus von zehn Prozent verzeichnen - trotz abnehmender Einwohnerzahl. Der öffentliche Straßenpersonenverkehr (inklusive Fernbuslinien) soll um 6 Prozent ansteigen.

Besonders stark wird der Güterverkehr zulegen. Er wächst bei der Bahn um 43 Prozent. Für den Lkw-Verkehr wird ein Plus von 39 Prozent bei der Verkehrsleistung erwartet. Diese bemisst die Zahl der Passagiere und die Menge der Güter kombiniert mit der zurückgelegten Strecke. Für die Binnenschifffahrt wird ein Zuwachs um 23 Prozent erwartet.

Stau-Fakten

Der stärkste Zuwachs bei den Passagieren wird aber dem Luftverkehr mit plus 65 Prozent vorausgesagt, der von der Tendenz zu immer mehr Fernreisen profitiert. Da auch immer größere Flugzeuge eingesetzt werden, müsse dies nicht zwangsläufig die Leistungsfähigkeit der Flughäfen sprengen, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der Vorstellung der Untersuchung in Berlin am Mittwoch.

Rentner immer mobiler

Dass es angesichts der demografischen Entwicklung überhaupt einen Zuwachs im Personenverkehr geben wird, führte Dobrindt vor allem auf die gewachsene Mobilität älterer Menschen zurück. So heißt es in der Untersuchung: „Inhaltlich ist die Bestandsausweitung ... auf die Personengruppen zurückzuführen, deren Motorisierungsgrad derzeit noch unterdurchschnittlich ausgeprägt ist, d.h. die älteren Personen, die Frauen und die Zuwanderer." Demnach fahren immer mehr ältere Menschen im eigenen Wagen.

Welche Länder überaltern
Platz 8: Schweden Quelle: dapd
Platz 7: Portugal Quelle: REUTERS
Senioren beim Nordic-Walking Quelle: dpa
Griechenland Quelle: dpa
Platz 10: Finnland Quelle: dapd
Platz 5: Bulgarien Quelle: Reuters
Platz 4: Italien Quelle: dapd

Finanzkrise bremst Verkehrszunahme

Zudem verteilten sich die Verkehrsströme in Deutschland sehr unterschiedlich: Hauptwachstum werde im Norden und Süden sowie um die Metropole Berlin herum stattfinden. Dagegen zeichne sich in weiten Gebieten Ostdeutschlands sogar ein Rückgang des Verkehrs sowohl bei Menschen als auch bei der Fracht ab.

Insgesamt wird der Verkehr voraussichtlich etwas langsamer wachsen, als zuletzt vorhergesagt. Der bisher für das Jahr 2025 erwartete Boom zeichnet sich nun bis 2030 nicht ab, wie die Prognose des Bundes zeigt. Sowohl Güter- als auch Passagierzahlen liegen danach um bis zu zehn Prozent unter den Erwartungen von 2025, die aus der Vorgänger-Studie stammen. Hauptgrund ist der Einbruch durch die Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008, deren Auswirkungen sich beim Transport von Gütern und Menschen stark bemerkbar gemacht hat.

Dobrindt fordert mehr Maut

Die schlimmsten Stauhöllen Europas
Stau bei Hamburg Quelle: AP
Birmingham Quelle: AP
Stau Quelle: AP
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Platz 11: KölnDie deutsche Nummer eins und damit gerade so außerhalb der Topten der europäischen Stauhöllen ist Köln. 76 Stunden vergeuden Pendler hier jährlich durchschnittlich im Straßenverkehr. Als Knotenpunkt in Deutschlands bevölkerungsreichsten Bundesland mit vielen langwierigen Baustellen dürfte das nur Wenige verwundern. Quelle: dpa
Stau Quelle: dapd
Stau Quelle: AP

Die Prognose dient als Grundlage für den neuen Verkehrswegeplan, der gerade erarbeitet wird und der die dringlichsten Projekte ausweisen soll. Verkehrsminister Dobrindt machte allerdings deutlich, dass auch bei einem schwächeren Wachstum die Verkehrswege nach wie vor unterfinanziert seien. „Die Prognose 2030 zeigt, dass unsere Infrastruktur vor einer Belastungsprobe steht. Wir müssen deshalb weiterhin kräftig in den Ausbau und die Modernisierung des Gesamtnetzes investieren – in Schiene, Straße und Wasserstraße. Ob wir Innovationsland bleiben oder zum Stagnationsland werden, entscheidet sich maßgeblich an der Leistungsfähigkeit unserer Infrastruktur“, sagte Dobrindt.

Private Partner gesucht

Neue Finanzquellen wie eine erweiterte Lkw-Maut und die Pkw-Maut müssten erschlossen werden. Er bekräftigte, dass normale Haushaltsmittel nicht reichen werden, nötige Investitionen zu finanzieren. Für mehr Projekte sollen daher private Partner ins Boot.

Die Linke kritisierte die Prognose als Horrorszenario. Dobrindt nutze sie als Argumentationshilfe für das Zubetonieren weiterer Landschaften. In der Studie wurde ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von 1,14 Prozent zugrunde gelegt. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Kirsten Lühmann, mahnte eine Einbindung von Anwohnern etwa beim Lärmschutz an. Der Unions-Verkehrsexperte Ulrich Lange (CSU) sagte: „Es muss endlich Schluss sein mit der Flickschusterei beim Bau der Verkehrswege.“ Mit einem Mix aus Steuermitteln und Mauteinnahmen müsse langfristig das notwendige Geld für Ausbau und Erhalt zur Verfügung gestellt werden.

Geringerer CO2-Ausstoß erwartet

Positiv wertete Dobrindt, dass nach der neuen Studie bis 2030 der Treibhausgas-Ausstoß des Verkehrssektors um 26 Prozent im Vergleich zu 2010 zurückgehen werde. Zuletzt war nur ein Minus von neun Prozent bis 2025 (Basis 2004) vorhergesagt worden. Dobrindt führte dies auf die Entwicklung hin zu effizienteren Motoren zurück. Der Verkehr ist nach den Kraftwerken und dem Wohnungssektor der Bereich mit den größten CO2-Emissionen in Deutschland.

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