Prognose Wirtschaftsweise erwarten im kommenden Jahr Rezession

Übergabe des Jahresgutachtens 2022/2023 zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung durch den Sachverständigenrat. Quelle: dpa

Mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 0,2 Prozent rechnet der Sachverständigenrat für 2023. Auch für die Inflationsrate des kommenden Jahres gibt der Rat eine Prognose.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Die Wirtschaftsweisen erwarten im kommenden Jahr vor allem wegen der Energiekrise einen leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung in Deutschland. Der Sachverständigenrat rechnet in seinem am Mittwoch vorgelegten Jahresgutachten damit, dass das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent schrumpft. Die Ökonomen sind damit etwas optimistischer als die Bundesregierung. Für 2022 rechnen die Wirtschaftsweisen mit einem Wachstum um 1,7 Prozent.

Eine spürbare Entlastung bei den Verbraucherpreisen erwartet der Rat vorerst nicht: Laut Prognose liegt die Inflationsrate bei 8 Prozent in diesem Jahr und 7,4 Prozent im kommenden Jahr.

Die Energiekrise und die Inflation belasteten die Haushalte und die Unternehmen schwer, schrieb der Sachverständigenrat, der die Bundesregierung berät. Seit Mitte des Jahres führten die stark gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise zu immer stärkeren Kaufkraftverlusten und dämpften den privaten Konsum. Gleichzeitig belaste die Energiekrise die Produktion, insbesondere in den energieintensiven Industriezweigen. Die globale Abkühlung schwäche die Exportnachfrage.

Schneller schlau: Inflation

Wirtschaftsweise schlagen Energie-Solidaritätszuschlag vor

Einkommensstarke Haushalte sollen aus Sicht der Wirtschaftsweisen stärker an der Finanzierung von Entlastungen in der Energiekrise beteiligt werden. Das könnte streng befristet über einen Energie-Solidaritätszuschlag oder eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes geschehen, geht aus dem Jahresgutachten des Sachverständigenrats hervor. Dies würde die öffentlichen Haushalte entlasten. Der Vorschlag war zuvor bekanntgeworden und hat eine breite Debatte ausgelöst.

Im Gutachten der Wirtschaftsweisen heißt es, Entlastungen wie Tankrabatt, 9-Euro-Ticket oder Energiepreispauschalen hätten auch Haushalte begünstigt, welche die Preise eigentlich schultern könnten. „Dadurch fallen die fiskalische Belastung sowie inflationstreibende Nachfrageimpulse höher als notwendig aus.”

Vor diesem Hintergrund sollte auch der von der Bundesregierung geplante Abbau der sogenannten kalten Progression verschoben werden. Vor allem Finanzminister Christian Lindner setzt sich dafür ein, ab 2023 die kalte Progression - quasi eine inflationsbedingte heimliche Steuererhöhung - auszugleichen.

Der Ausgleich der kalten Progression sei steuersystematisch zwar grundsätzlich geboten, erklärte der Wirtschaftsweise Achim Truger. „Aktuell geht es aber um eine zielgenaue Entlastung unterer und mittlerer Einkommensgruppen, und die öffentlichen Haushalte sollten nicht überstrapaziert werden.”

Wie geht es mit der Schuldenbremse weiter?

Die konjunkturellen Schockwellen des Ukraine-Krieges könnten den Wirtschaftsweisen zufolge ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse im nächsten Jahr rechtfertigen. Der Bundeshaushalt 2023 könne aus heutiger Sicht durch die Nutzung der allgemeinen Rücklage in Höhe von etwa 40 Milliarden Euro die Regelgrenzen der Schuldenbremse zwar einhalten, erklärte der Sachverständigenrat.

„Wenn diese Rücklage im Jahr 2023 genutzt wird, steht sie jedoch im Jahr 2024 nicht mehr zur Verfügung“, warnen die fünf Experten um die Münchner Ökonomin Monika Schnitzer. Die Einhaltung der Regelgrenzen ohne die Möglichkeit, in stärkerem Umfang auf Rücklagen zurückgreifen zu können, könnte dann zu „einem hohen Konsolidierungsdruck und einem entsprechend stark negativen fiskalischen Impuls führen“.

Rezept zum Reichwerden? Das steckt hinter dem System von Deven Schuller

Ein selbsternannter Finanzexperte will seinen Kunden laut eigener Aussage dabei helfen, finanzielle Freiheit zu erreichen, und pflastert das Internet mit Werbung. Was steckt dahinter? Ein Selbstversuch.

Freiberufler-Report So viel verdienen Selbstständige in Deutschland

Zwei Euro mehr pro Stunde – und kaum noch ein Gender Pay Gap: Selbstständigen geht es auch in der aktuell schwierigen Lage recht gut. In welchen Bereichen sie am meisten verdienen.

Leistung Warum Manager es ihren Mitarbeitern nicht zu gemütlich machen sollten

Wenn sich Mitarbeiter sicher fühlen, bringen sie bessere Leistung. Das zumindest ist die Hoffnung. Tatsächlich ist oft das Gegenteil der Fall.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Die Bundesregierung will die Schuldenbremse 2023 erstmals seit 2019 wieder einhalten. Darauf beharrt insbesondere Finanzminister Christian Lindner (FDP). Der Etatentwurf soll in der Nacht auf Freitag abschließend vom Haushaltsausschuss des Bundestages beraten werden. Auch unter Einhaltung der Schuldenbremse können bis zu 45 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen werden. Zehn Milliarden Euro davon will Lindner für den Aufbau einer Aktienrente verwenden. Zudem soll eine Rücklage von rund 48 Milliarden Euro nahezu aufgezehrt werden, die sich vor allem durch Reserven für die Flüchtlingspolitik unter der großen Koalition aufgetürmt hatte.

Lesen Sie auch: „So nicht, liebe Wirtschaftsweise!“ – Der WiWo-Kommentar zum Bericht der Wirtschaftsweisen

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%