Projektregierung Unionsfraktionsvize ist gegen jede Zusammenarbeit mit Linkspartei in Thüringen

Eine Projektregierung in Thüringen scheidet die Meinungen. Während Parteiforscher sich für neue Regierungsformen aussprechen, halten andere nichts von dem Konzept.

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Der Politiker spricht sich gegen eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei in Thüringen aus. Quelle: dpa

In Thüringen verhandeln Vertreter von Linke, SPD und Grünen am Freitag weiter über ein Programm für eine Minderheitsregierung, parallel geht die Debatte über eine Zusammenarbeit der Linken mit der CDU weiter. Eine solche „Projektregierung“ hatte Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) ins Gespräch gebracht. Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) sprach sich unter Verweis auf die Beschlusslage der Bundespartei gegen jede Zusammenarbeit mit der Linkspartei in Thüringen aus. Parteienforscher empfehlen aber mit Blick auf die schwierigen Mehrheitsverhältnisse im Freistaat, neue Formate der Macht zu versuchen.

Rot-Rot-Grün fehlen nach der Landtagswahl vom Herbst im Landtag vier Stimmen. Dagegen hätten Linke und CDU zusammen eine stabile Mehrheit von 50 der 90 Landtagssitze. Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow löste zugleich die CDU als stärkste Kraft ab. Ob Linke, SPD und Grüne am Freitag bei ihren Beratungen für ein Regierungsprogramm fertig werden, ist unklar.

Der thüringische Ex-Ministerpräsident Althaus hatte eine „Projektregierung“ von CDU und Linkspartei vorgeschlagen. Der Beschluss des CDU-Bundesparteitags von 2018, der jede Form der Zusammenarbeit mit der Linken, aber auch der AfD ausschließt, sei in Bezug auf die Linke nicht mehr zeitgemäß, hatte Althaus am Donnerstag dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ gesagt. Linnemann sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Beschlusslage der CDU ist eindeutig: Nicht nur Koalitionen, sondern auch ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit AfD und Linke darf es nicht geben.“ Der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU ergänzte: „Eine Projektregierung wäre eine solche Form der Zusammenarbeit.“

Ramelow reagierte zurückhaltend auf den Vorstoß von Althaus. Er kenne den Vorschlag nur aus der Zeitung, sagte Ramelow der dpa. Der Linke-Politiker ging auch davon aus, dass die Verhandlungen seiner Partei mit SPD und Grünen in den nächsten Tagen abgeschlossen werden könnten. „Und ich rechne damit, dass auf dieser Basis eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung gebildet werden kann.“

Der Parteienforscher Jürgen W. Falter sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag): „Den Parteien bleibt gar nichts anders übrig, als im Falle von Minderheitskabinetten flexibler zu werden.“ Ramelow sei ein Pragmatiker und im Grunde eher ein linker Sozialdemokrat. „Mit ihm punktuell zusammenzuarbeiten sollte für die CDU nicht allzu schwer sein - speziell dann, wenn es um die Realisierung konkreter, der CDU am Herzen liegender Projekte geht.“ Ein Modell für andere Bundesländer sieht Falter darin aber nicht.

„Neue Formen der Macht“

Der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte riet ebenfalls, neue Formen der Macht zu probieren. „Das können - wie in Österreich - Koalitionen der gelebten und vereinbarten Differenz ebenso sein wie Minderheitsregierungen, die ad hoc und punktuell projektbezogen Mehrheiten erarbeiten“, sagte Korte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Dies belebe den Parlamentarismus und stärke das Politikmanagement jedes einzelnen Abgeordneten. Korte betonte zugleich: „Durch AfD kontaminierte Mehrheiten sind transparent sicher ausschließbar.“

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sieht angesichts der überall schwieriger werdenden Regierungsbildungen die Zukunft in losen Koalitionen mit wechselnden Mehrheiten. „Wir sind in Deutschland zu sehr in alten Denkschablonen gefangen“, sagte Miersch dem „Tagesspiegel“ (Freitag). Der Parteilinke hatte bereits 2017 vor Bildung der erneuten großen Koalition das Modell einer Kooperations-Koalition („KoKo“) vorgeschlagen und dafür teils heftige Kritik geerntet. Statt Stück für Stück den Koalitionsvertrag abzuarbeiten, Politik nach Plan zu betreiben, plädiert Miersch dafür, nur noch ein Korsett der Kooperation in Bereichen wie Außenpolitik, Verteidigung, Wohnen und Finanzen zu vereinbaren, sonst aber auch wechselnde Mehrheiten zu erlauben.

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