
WirtschaftsWoche: Die Rolle der Bundesregierung und des Staates beim Magna-Konzept hatten Sie geerbt, konnten daran nichts mehr beeinflussen. Nun ist diese Lösung vom Tisch. Sollte sich der Staat jetzt zurückhalten?
Brüderle: Mit Interventionen in den Wirtschaftsprozess sollte sich der Staat grundsätzlich zurückhalten. Das gilt nicht nur für den Fall Opel.
Sie haben mitgeteilt, alle bisherigen Zusagen sind obsolet. Gibt es jetzt die Chance für eine marktwirtschaftlichere Lösung?
Das Unternehmen General Motors sieht sich offenbar in der Lage, die wirtschaftlichen Probleme seiner europäischen Tochter selbst in den Griff zu bekommen. Das sollte eigentlich zuversichtlich stimmen. Leider war man in Detroit in letzter Zeit immer wieder für Überraschungen gut – nicht nur für positive.
Besteht die Gefahr, dass die Politik sich erneut in die Falle locken lässt und nun nach Magna das nächste Sanierungskonzept eng begleitet und finanziert?
Die Zusagen der alten Bundesregierung galten für eine Investorenlösung. Jetzt hat sich GM entschieden, Opel zu behalten. GM-Chef Henderson hat mir mitgeteilt, bei GM habe sich die finanzielle Lage derart verbessert, dass Opel im Konzernverbund verbleiben könne. Diese Aussage zählt für mich.
Welche Sicherungen zum Schutz der Steuerzahler können oder wollen Sie jetzt einbauen?
Diese Frage stellt sich derzeit gar nicht. Ich gehe davon aus, dass GM den Brückenkredit fristgerecht zurückzahlt. GM hat ein Konzept für seine europäischen Standorte angekündigt. Noch liegt überhaupt nichts vor. Grundsätzlich gilt: General Motors Europe kann – genau wie jedes andere Unternehmen auch – Hilfen aus dem Wirtschaftsfonds Deutschland beantragen. Hierfür gelten objektive Regeln. Es gibt eine Pflicht zu prüfen, aber kein Anrecht auf staatliche Hilfe. Ein Antrag kann aber auch abgelehnt werden, wenn ein Konzept als nicht tragfähig erscheint. Dies ist in der Vergangenheit schon mehrmals geschehen.
Nach der (Bundestags-)Wahl ist vor der (Landtags-)Wahl. Beeinflusst die NRW-Wahl im Mai die Entscheidungsfindung?
Wir haben unser Handeln am Wohl des Landes und nicht an Wahlkampfterminen auszurichten. Wie es ausgeht, wenn sich die Politik zu Wahlkampfzwecken in unternehmerische Belange einmischt, hat das Beispiel Opel ja gerade noch einmal eindrücklich vor Augen geführt.
Ist die neue Bundesregierung in Sachen Opel weiter hilfsbereit, weil der zuständige Wirtschaftsminister und der Arbeitsminister aus Bundesländern mit Opel-Standorten kommen?
Natürlich ist da ein Stück Emotion dabei. Aber: So pfälzisch mein Herz auch schlägt – ich bin Wirtschaftsminister des Bundes und habe daher die Interessen ganz Deutschlands zu vertreten.