
Raubkopierte Filme, illegal geladene Musik – geht es um Piraterie im Internet, mischt sich in der Unterhaltungsindustrie Wut mit Frust. Wer Raubkopien im Netz verbreitet, versteckt sich meist im Ausland. Und Plattenfirmen und Filmstudios haben derzeit kaum eine Chance, Internet-Nutzer daran zu hindern, illegale Angebote aufzurufen. Das liegt vor allem daran, dass sich Internet-Provider wie die Deutsche Telekom und 1&1 seit Jahren sträuben, Kunden den Zugang zu illegalen Seiten zu sperren. Dafür, heißt es in den Unternehmen unisono, seien sie nicht zuständig. Das will die EU-Kommission nun ändern.
In einer unveröffentlichten Empfehlung, die der WirtschaftsWoche vorliegt, schlägt die Generaldirektion Justiz der EU-Kommission vor, dass Provider sich verpflichten sollen, angeblich illegale Inhalte zu entfernen. Es reiche, wenn ein Bürger den Inhalt als illegal bei einer Beschwerdehotline melde, heißt es in der Empfehlung. Weigert sich der Provider, riskiert er, haftbar gemacht zu werden. In dem Streit um den Schutz vor Internet-Piraten schaltet sich jetzt zudem die OECD ein, der die 30 wichtigsten Industrieländer angehören. Sie veranstaltet im Juni eine Konferenz zur Haftung der Internet-Provider.
Das Papier aus der EU dürfte auch die Verhandlungen über ein internationales Abkommen verschärfen. Seit drei Jahren diskutieren knapp 40 Länder, darunter die USA und Japan, sowie die EU über einen Vertrag gegen Produktpiraterie, das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (Acta). Der Vorschlag, die Provider als eine Art Hilfspolizisten gegen Internet-Piraten einzusetzen, findet sich zwar so nicht explizit in den jüngsten Entwürfen. Aber durch die Empfehlung aus Brüssel könnte der Punkt aufgenommen werden.
Die Bundesregierung versucht derzeit, die Internet-Provider zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung zu bewegen. An diesem Donnerstag treffen sich Vertreter der Musik-, Film- und Buchindustrie sowie die Internet-Provider bei Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle in Berlin. Es ist nicht die erste Runde dieser Art. Seit 2008 kamen die Beteiligten schon rund ein Dutzend Mal zusammen, um eine Selbstverpflichtung zu diskutieren, illegale Seiten zu blockieren – bisher ohne Erfolg.
Sollte am Donnerstag keine Einigung erzielt werden, wären die Gespräche gescheitert, sagte Matthias Leonardy, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU). Der Piratenjäger: „Danach halte ich die Chance, dass wir eine gemeinsame Lösung finden, für gleich null.“