




Der Verfassungsschutz darf Abgeordnete aus dem Bundestag oder Landtagen nur in besonderen Ausnahmefällen beobachten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte am Mittwoch die jahrelange Überwachung des Linke-Politikers Bodo Ramelow für verfassungswidrig. Die Beobachtung verletze die im Grundgesetz garantierte Freiheit des Mandats - auch wenn die Informationen nicht heimlich beschafft werden, entschied das Gericht. Der Fraktionschef der Linkspartei im thüringischen Landtag hatte gegen die Überwachung selbst geklagt. Vor den Verwaltungsgerichten waren zuvor seine Klagen letztlich ohne Erfolg geblieben (Az. 2 BvR 2436/10 u.a.).
Die im Grundgesetz garantierte Freiheit des Mandats schütze den Abgeordneten vor „Beobachtung, Beaufsichtigung und Kontrolle“ durch Regierung und Behörden, entschied der Zweite Senat unter Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle.
Eine Beobachtung von Abgeordneten könne nur im Einzelfall erlaubt sein - insbesondere „wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Abgeordnete sein Mandat zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht oder diese aktiv und aggressiv bekämpft“. Dies sei bei Ramelow nicht der Fall. Es sei ausdrücklich festgestellt worden, „dass der Beschwerdeführer individuell nicht verdächtig ist, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu verfolgen“. Ramelow ist seit 1999 Abgeordneter. Mehrere Jahre lang war er Vize-Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt bereits seit 1986 eine Akte über ihn, als er Gewerkschaftssekretär in Hessen war. Im Kurznachrichtendienst Twitter schrieb der 57-Jährige am Mittwoch: „Über 30 Jahre wurde ich ausspioniert und ausgeschnüffelt! 10 Jahre habe ich geklagt, nun höre ich das ich in Karlsruhe gesiegt habe.“
Die Linke-Parteivorsitzende Katja Kipping forderte, die Beobachtung ihrer Partei durch den Verfassungsschutz sofort zu beenden. „Das ist ein klares Signal dafür, dass generell die Beobachtung und Kriminalisierung der Linken eingestellt werden muss“, sagte sie am Rande einer Fraktionsklausur im brandenburgischen Bersteland. Fraktionschef Gysi sprach von einem „wichtigen Tag in unserer Geschichte“. Es sei „heute ein Schritt zur Gleichstellung unserer Partei vollzogen worden“.