Reform der Alterssicherung Nahles beendet Beratungen über Rente

Mitte November will Nahles ein Rentenkonzept vorlegen. Am Montag trifft sich die Bundessozialministerin ein letztes Mal mit Gewerkschaften, Arbeitgebern und Sozialverbänden. CDU-Politiker Spahn warnt vor Panikmache.

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Für diesen Montag hat die Bundessozialministerin Gewerkschaften, Arbeitgeber, Sozialverbände und Fachpolitiker zum Abschluss eines Rentendialogs in Berlin eingeladen. Quelle: AFP

Berlin Drohende Armut wird für immer mehr ältere Menschen in Deutschland zum Problem. Die Zahl der betroffenen Über-65-Jährigen stieg binnen zehn Jahren von 1,95 auf 2,74 Millionen im vergangenen Jahr, wie aus neuen Daten des Europäischen Statistikamts Eurostat hervorgeht. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann machte unmittelbar vor einem Treffen zur Rente bei Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) auf die Zahlen aufmerksam. 2014 waren es noch 2,65 Millionen.

Für diesen Montag hat Nahles Gewerkschaften, Arbeitgeber, Sozialverbände und Fachpolitiker zum Abschluss eines Rentendialogs in Berlin eingeladen. Mitte November will Nahles ein Rentenkonzept vorlegen. Dabei will sie auch konkretisieren, welche Mindestgrenze das Rentenniveau im Jahr 2045 nicht unterschreiten soll. Das Rentenniveau ist das Verhältnis der Rente zum Durchschnittslohn.

In der ARD hatte Nahles am Sonntag bekräftigt, dass sie erst Mitte November eine entsprechende Zahl nennen wolle. „Ich denke drüber nach – morgens, abends und mittags auch noch“, sagte sie. Auf Nachfrage, ob das Niveau nicht unter 43 Prozent liegen werde, sagte sie: „Auf keinen Fall.“

Die Quote der von Armut bedrohten Über-65-Jährigen stieg laut Eurostat von 13,4 Prozent 2005 über 14,1 Prozent 2010 bis zu 16,3 Prozent 2014 und 16,5 Prozent im vergangenen Jahr. Die Quote liegt damit in Deutschland über dem Durchschnitt der EU mit 14,1 Prozent. Es handelt sich um Menschen mit weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens. Laut aktuellem Alterssicherungsbericht der Bundesregierung werden viele Bürger im Ruhestand nicht ausreichend finanziell abgesichert sein, wenn sie nicht selbst mehr für ihre Altersvorsorge tun.

Zimmermann sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Bundesregierung dürfe die Augen nicht länger vor der Ausbreitung der Altersarmut in Deutschland verschließen. „Es geht nicht um Einzelfälle, Millionen sind betroffen.“ Deshalb müsse die gesetzliche Rente gestärkt und armutsfest gemacht werden, unter anderem durch eine Anhebung des Rentenniveaus auf mindestens 53 Prozent. Auch die Bedingungen am Arbeitsmarkt müssten dringend verbessert werden.

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn schlägt vor, besonders benachteiligte Gruppen im Alter besser zu stellen. „Ich werbe dafür, dass wir etwas gezielt für die machen, die es bei der Rente und im Alter schwer haben. Das sind Geringverdiener, Erwerbsgeminderte, das sind die, die mit 50, 55 Jahren kaputt sind und nicht mehr arbeiten können“, sagte Spahn am Montag im „Inforadio“ von RBB. Auch psychisch Kranke bedürften besonderer Unterstützung. „Das Rentenniveau allgemein anzuheben kostet viele Milliarden Euro, hilft aber keinem dieser Gruppen“, sagte Spahn. Zudem warnte er vor „Panikmache“ in der Rentendiskussion: „Der Deutschen Rentenversicherung geht's ziemlich gut. Altersarmut ist ein unterdurchschnittliches Phänomen in Deutschland.“ Zwar sinke das Rentenniveau, aber auch in Zukunft würden die Renten steigen, wenn auch nicht mehr so stark. „Eine Rente in 2030 wird absolut mehr wert sein als heute und bis zu 40 Prozent mehr Kaufkraft haben als heute“, sagte der CDU-Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.

Laut einem Bericht der Bild“-Zeitung kann der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung länger auf dem aktuellen Niveau bleiben als erwartet. Der Beitragssatz solle von derzeit 18,7 Prozent erst 2022 angehoben werden. Im Gespräch sei ein Anstieg um 0,1 Punkte auf 18,8 Prozent, so die Zeitung unter Berufung auf Kreise der Deutschen Rentenversicherung.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte mehr Klarheit in der Debatte um ein höheres Rentenniveau. „Es ist den jüngeren Generationen nicht zumutbar, stetig steigende Beiträge zu zahlen und später immer weniger Rente zu bekommen“, sagte Annelie Buntenbach, Mitglied des DGB-Bundesvorstandes, dem „Handelsblatt“ (Montag).

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