Reformen So sieht von der Leyens Plan für Afghanistan aus

Ob Korruption oder Perspektivlosigkeit: Afghanistans Probleme sind vielschichtig. Verteidigungsministerin von der Leyen drängt auf Reformen.

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So sieht Ursula von der Leyens Plan für Afghanistan aus Quelle: dpa

Kabul Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat bei einem Besuch in der afghanischen Hauptstadt Kabul einen entschlossenen Kampf gegen die Korruption angemahnt. Es sei wichtig, dass Regierung, Ministerien und Verwaltung bereit seien, den Modernisierungs- und Reformprozess mitzugehen und tatkräftig umzusetzen, sagte die CDU-Politikerin am Montag nach einem Treffen mit Präsident Aschraf Ghani. „Und da ist entscheidend, dass die alten Seilschaften durchbrochen werden, dass jüngeres, gut ausgebildetes, loyales Personal in die Positionen kommt.“

Sie pochte auf einen Generationenwechsel in der Verwaltung, damit transparente Strukturen entstehen können. „Dass eben die alten, gewachsenen, aber zum Teil auch hochkorrupten Seilschaften durchbrochen werden.“

Der Konflikt mit den Taliban in Afghanistan sei nicht rein militärisch lösbar. „Der politische Prozess ist der alles Entscheidende“, sagte die CDU-Politikerin. Die Sicherheitskräfte müssten zwar verlässlich sein, müssten die Menschen schützen. „Aber entscheidend ist, dass dieses Land vorankommt in seiner Entwicklung, dann fassen die Menschen auch Zutrauen und haben Mut für die Zukunft.“ Sie wünsche sich mehr Fortschritte in dem Bereich. Die Menschen im Land müssten durch gute Regierungsführung merken, dass die Politik Reformen umsetzt.

Die CDU-Ministerin traf am Montag unter anderem den Präsidenten Ghani und den Kommandeur der Nato-Truppen, John Nicholson. Ganz entscheidend seien die Parlamentswahlen im Herbst und die Präsidentschaftswahlen im nächsten Frühjahr, sagte von der Leyen. In der usbekischen Hauptstadt Taschkent sollte am Abend eine Konferenz über Wege zu einer politischen Lösung in Afghanistan beginnen.

Zum Haupttag am Dienstag wurden Vertreter aus mehr als einem Dutzend Länder erwartet, darunter aus Deutschland der Sonderbeauftragte für die Region, Markus Potzel.

Derzeit stocken Deutschland und die Nato-Länder ihre Truppen in Afghanistan auf. Es ist von der Leyens erste Einsatzreise in ihrer zweiten Amtszeit als Verteidigungsministerin. Am Sonntag hatte sie die deutschen Soldaten im Feldlager bei Masar-i-Scharif im Norden des Landes besucht und einen langem Atem gefordert. Die Bundeswehr ist bereits seit mehr als 16 Jahren in dem Einsatz. 57 deutsche Soldaten sind am Hindukusch ums Leben gekommen. Vergangene Woche hat der Bundestag den Einsatz um ein weiteres Jahr verlängert. Die Truppe wird von bislang höchstens 980 Soldaten auf bis zu 1300 aufgestockt.

Die Sicherheitslage hat sich seit Ende des Nato-Kampfeinsatzes deutlich verschlechtert. Fast täglich greifen die Taliban Bezirke, Polizeistationen oder Armeestützpunkte an. Die Regierung kontrolliert rund 60 Prozent des Staatsgebiets. „Das ist immerhin ein Schritt nach vorne. Nicht genug, aber es ist die richtige Richtung“, sagte von der Leyen. Präsident Ghani hatte den Taliban vor kurzem trotz einer Serie brutaler Anschläge ein Friedensangebot gemacht. Die lehnten ab. Von der Leyen bezeichnete das Angebot von Friedensgesprächen als mutig.

Das Ende des Kampfeinsatzes sei für die Afghanen ein „tiefer Einschnitt“ gewesen, sagte sie. Es sei ihnen anfangs nur unter hohen Verlusten gelungen, die Bevölkerung vor den Taliban zu schützen. „Aber Schritt für Schritt kommen wir voran.“ Die Sicherheitskräfte würden langsam an Substanz gewinnen, es gäbe eine Verjüngung in den Führungspositionen. Es sei den Taliban zuletzt nicht mehr gelungen, substanzielle Erfolge zu verzeichnen.

Die Bundeswehr kämpft nicht mehr selbst gegen die Taliban, sondern bildet nur noch die afghanischen Sicherheitskräfte aus. Nicht einmal 30 der knapp 1000 Soldaten füllen den eigentlichen Ausbildungsauftrag aus, der Rest kümmert sich um Logistik und Verwaltung. Die Berater können ihren Auftrag oft nicht wahrnehmen und rausfahren aus dem Camp, weil Kräfte zu ihrem Schutz fehlen. Deshalb schickt von der Leyen nun wieder mehr Soldaten nach Afghanistan.

Wegen der vielen Auslandseinsätze der Truppe in den vergangenen Jahren sei der Grundbetrieb in der Heimat vernachlässigt worden, sagte von der Leyen zur mangelhaften Ausrüstung der Bundeswehr. „Das spüren wir bitter jetzt, das spüren wir in der lückenhaften Grundausstattung für die Übungen, für die Landes- und Bündnisverteidigung.“

Es sei Aufgabe dieser Legislaturperiode, die „hohlen Strukturen“ aufzufüllen und die eingeleiteten Reformen zu verstetigen. In den vergangenen Jahren hätten die Einsätze oberste Priorität gehabt. „Das ist auch richtig, dort geht es um Leben und Tod für unsere Soldatinnen und Soldaten, und das wird auch in Zukunft so bleiben.“

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