Regierung friert den CO2-Preis ein Der fatale Fehler des Entlastungspakets

CO2-Preis eingefroren: Der Klimakiller im Entlastungspaket. Quelle: imago images

Von der Öffentlichkeit eher unbeachtet friert die Bundesregierung den CO2-Preis ein. Das schadet dem Klimaschutz stärker als einzelne Krisenreaktionen aus dem Ministerium von Robert Habeck. Ein Kommentar.

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Beim Klimaschutz sollte es sein wie bei einem zielgenauen Entlastungspaket in der Energiekrise: Unterstützt werden Verbraucherinnen und Verbraucher, statt den Verbrauch zu fördern. Das heißt, dass einzelne Menschen oder Unternehmen Stütze bekommen, wenn die Preise für Brennstoffe stark anziehen. Dabei sollte es um die gehen, die besonders arm sind, besonders auf ein Auto angewiesen oder besonders energieintensiv arbeiten. Bei einer klug gestalteten staatlichen Stütze geht es nicht darum, das Benzin billiger zu machen. Das verbilligt das fossile Wirtschaften nur künstlich und verlängert die Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas. Es gibt auch jenen Geld, die ihren Verbrauch mühelos aus eigener Tasche bezahlen und verschleppt den Umstieg.

Die Bundesregierung hat diesen Maßstab leider nicht beherzigt, sondern ausgehebelt. So ist sie nicht nur kurzfristig für mehr Umweltschmutz verantwortlich. Neben den Entscheidungen für billigeren Sprit oder ein Anwerfen der Kohlemeiler hat sie nämlich fast unbemerkt ein fatales Signal gesetzt. Seit der letzten Nachtsitzung des Koalitionsausschusses gilt auch: Der CO2-Preis, der den Umstieg zur Klimaneutralität anreizen soll, wird eingefroren. Dabei hatte die Ampel diesen marktwirtschaftlichen Anreiz, den andere Länder schon mit Erfolg nutzen, verstärken wollen.

Der CO2-Preis von 30 Euro je Tonne ausgestoßenes Treibhausgas wird auf Brennstoffe fürs Heizen und im Verkehr fällig. Je mehr er steigt, desto teurer werden sie. 30 Euro je Tonne Emission bedeuten ungefähr acht Cent mehr je Liter Benzin und gut neun Cent mehr beim Liter Diesel. Der CO2-Preis sollte jährlich steigen und 55 Euro im Jahr 2025 erreichen. Das Signal war zumindest klar: Der Weg fort von den fossilen Brennstoffen ist stetig.

Gasheizung, Wärmepumpe oder doch lieber Fernwärme? In Bezug auf die Heiztypen ist Deutschland ein gespaltenes Land, wie diese Grafiken zeigen.

Dabei waren die bisherigen Schritte im Vergleich zu anderen Staaten schon bescheiden. Beim Gas würde ein um fünf Euro steigender CO2-Preis die Kilowattstunde gerade mal um 0,1 Cent verteuern – zurzeit aber steigt der Preis um 25 Cent je Kilowattstunde. Andere Länder haben schon höhere Treibhausgaspreise: Schweden rund 120 Euro die Tonne, die Schweiz rund 90 Euro die Tonne und Frankreich zuletzt 45 Euro.

Im Vergleich zu den aktuellen Preisexplosionen bei der Energie verschwindet der CO2-Preis nahezu. Vor allem aber ließe sich mit dem Geld etwas bewirken. Stattdessen gibt die Bundesregierung nun eine zusätzliche Einnahme aus der Hand. Anders als horrende Preise an den Strom- oder Gasmärkten derzeit, landet der CO2-Preis beim Staat und ist dazu gedacht, pro Kopf wieder an die Menschen ausgezahlt zu werden – vom Jüngsten bis zum Ältesten. Das entlastet Familien und Ältere, Geringverdiener und Pendlerinnen. Das schafft die Voraussetzung zum Umstieg.

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Die Grünen sollten pragmatisch eher eine zeitlich begrenzte längere Laufzeit der Atomkraftwerke am Netz ermöglichen. Es sichert die Versorgung ein Stückchen und senkt wohl auch die enormen Marktpreise. Das wäre weniger klimaschädlich als die Kohlemeiler, die nun wieder angeworfen werden. Nach dieser pragmatischen Übergangszeit wäre tatsächlich Schluss mit der Risikotechnologie Atom. Dann würde die Bundesregierung auch nicht den CO2-Preis als Schönwetter-Instrument darstellen und ihn damit selbst beschädigen.

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