




Eine Art Reichensteuer light von 43,5 Prozent für Jahreseinkommen zwischen 100 000 und 250 000 Euro würde nur zu einer maximalen Zusatzbelastung von knapp 60 Euro führen, da auch Spitzenverdiener von den Entlastungen im unteren Tarif profitierten. Eine weitere Variante brachte Barthle vorige Woche ins Spiel: Zwischen dem jetzigen Spitzensatz von 42 Prozent ab 53 000 Euro und dem erhöhten Spitzensatz von 45 Prozent ab 250 000 Euro könne man sich auch einen linearen Anstieg vorstellen, sagt der Schwabe.
Beide Varianten haben für die SPD den Vorzug, dass sie – wie im Wahlkampf gefordert – die starken Schultern stärker belasten. Die Union dagegen könnte darauf verweisen, dass es insgesamt nicht zu einer Mehrbelastung komme. Bleibt die Frage, ob sich die Sozialdemokraten damit zufriedengeben.
Darüber hinaus wäre eine Abmilderung der kalten Progression möglich, die SPD und Grüne zuletzt mit ihrer Mehrheit im Bundesrat abgeblockt hatten. Kämen sie nun selbst mit in die Regierungsverantwortung, gäbe es für die SPD keinen Grund, den Missstand zu beenden, dass der Staat von Lohnerhöhungen aufgrund der Progression überproportional profitiert.
Unwahrscheinlich ist dagegen eine Abschaffung des Ehegattensplittings. Für die Union ist dies kein Thema, für die SPD nicht wirklich wichtig. Auch bei der Vermögensteuer, die die SPD gern wieder einführen möchte, würde bei der Union eine rote Linie überschritten.
Ihre Forderung nach einem Ersatz der Abgeltungsteuer durch den individuellen Einkommensteuersatz müssten die Sozialdemokraten indes eigentlich selbst einkassieren.





Denn zurzeit liegt die Belastung bei Dividenden mitnichten nur bei 25 Prozent Abgeltungsteuer; hinzu kommen 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag plus die zuvor auf Unternehmensebene erhobenen 30 Prozent Körperschaft- und Gewerbesteuer, was sich zusammen auf eine echte steuerliche Belastung von 48,3 Prozent addiert, so der Berliner Steuerexperte Frank Hechtner. Das ist mehr, als Gutverdiener bei einer Individualbesteuerung zahlen müssten. Will das die SPD wirklich ändern?
Umso markiger könnte der Teil im Koalitionsvertrag ausfallen, der sich dem Kampf gegen aggressive Steuergestaltung von internationalen Konzernen und gegen Steuerhinterzieher widmet. Hier waren Schäuble und Steinbrück gar nicht so weit auseinander, wie der Streit um das Schweizer Steuerabkommen mit der darin geplanten Amnestie vermuten lässt.
Auch Schäuble pocht darauf, dass deutsche Steuerpflichtige ihren Obolus dem deutschen Fiskus entrichten und beendet deswegen sogar die jahrzehntelange Praxis, dass im Ausland versteuerte Gewinne oder Einkommen hierzulande grundsätzlich steuerbefreit sind.
Überhaupt lässt sich sagen: Schäuble stand in seinen vier Jahren als Finanzminister seinem Vorgänger Steinbrück näher, als es dem bisherigen Koalitionspartner FDP lieb war. Schließlich scheiterten die Freidemokraten nach der Wahl 2009 mit ihren versprochenen Steuersenkungen an Schäubles kategorischem Nein.
Jetzt lautet die Frage: Schließt Schäuble Steuererhöhungen ebenso entschlossen aus? Diese Frage möchte die SPD für sich entscheiden, indem sie selbst den Finanzminister stellen will. Merkel kann indes nicht daran gelegen sein, das mächtige Schlüsselressort dem Koalitionspartner zu überlassen.