Reichtum in Deutschland Die Vermessung der Vermögenden

Arbeitsministerin Andrea Nahles will wissen, wie der Reichtum in Deutschland verteilt ist und wie er erworben wurde. Eine DIW-Studie liefert ihr erste Hinweise.

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Arbeitsministerin Andrea Nahles will wissen, wie der Reichtum in Deutschland verteilt ist und wie er erworben wurde. Quelle: dpa

Berlin Andra Nahles (SPD) zeigt sich schon ganz im Wahlkampfmodus. Kürzlich warnte sie in einem Interview vor einer „Oligarchie der Reichen“. „Wer reich geboren wird, wird auch reich sterben“, sagte die Arbeitsministerin. Sie will die aus ihrer Sicht zunehmende Ungleichheit im Land zu einem großen Thema im Wahlkampf machen. Deshalb lässt sich im neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bunderegierung auch untersuchen, wer die Reichen in Deutschland sind, wie sie zu ihrem Reichtum kamen.

Im Auftrag von Nahles hat das Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und die Universität Potsdam die Lebenssituation von Hochvermögenden in Deutschland erstmals näher untersucht. Die ersten Ergebnisse zeigen: Reich in Deutschland wird man vor allem durch eine Erbschaft. Zwei Drittel aller Hochvermögenden gaben an, durch einen Nachlasse von Eltern, Großeltern oder anderen Familienmitgliedern zu ihrem Reichtum gekommen zu sein. Etwa drei Viertel der befragten Reichen über 40 Jahre kamen bereits in den Genuss einer Schenkung oder einer Erbschaft, 18 Prozent sogar zweier oder mehr.

In der Bevölkerung insgesamt haben lediglich knapp über ein Drittel der über 40-Jährigen einen solchen Transfer erhalten. „Hochvermögende haben in der Regel mehrfach und dabei überdurchschnittlich hohe Beträge geerbt oder Vermögen geschenkt bekommen“, so DIW-Experte Markus Grabka, Co-Autor der Studie.

Die Studie zeigt auch, dass ein hohes Vermögen mit einem hohen Haushaltsnettoeinkommen einhergeht. Neben Geldvermögen halten Reichen überdurchschnittlich häufig auch Betriebsvermögen. Ein weiteres Ergebnis ist: Menschen mit großem Vermögen sind tendenziell zufriedener mit ihrem Leben als die Gesamtbevölkerung. Sie arbeiten viel und schreiben sich eine höhere Risikobereitschaft zu als der Durchschnitt. Sie sind überdies typischerweise männlich, im höheren Lebensalter und überdurchschnittlich gut gebildet. Weil Vermögende überwiegend männlich sind, ist für Frauen eine Heirat ein Weg, reich zu werden. Ein Fünftel der reichen Frauen gab an, dass die Hochzeit der Hauptgrund für die erreichte Vermögensposition war.

Nahles dürfte sich durch diese Ergebnisse bestärkt fühlen. Denn demnach vererbt sich Reichtum stark von Generation zu Generation und bleibt damit in bestimmten Gesellschaftsschichten. Auch laut den Autoren der Studie könnte die Politik darüber nachzudenken, ob eine höhere Erbschaftssteuer für mehr Chancengleichheit sorgen könnte. „Ein Überdenken der gegenwärtig milden Erbschafts- und Schenkungssteuer halte ich persönlich für sinnvoll“, so Grabka. In Deutschland sei die Vermögensungleichheit besonders hoch und die Erbschaftssteuer eine Korrekturmöglichkeit. „Die jüngste Reform gewährleistet dies aber nicht und packt grundlegende Probleme nicht an.“

Die Bundesregierung hat nach fast zwei Jahren Debatte gerade eine Reform der Erbschaftsteuer verabschiedet. Darin wurden aber lediglich die Bestimmungen für Betriebserben etwas verschärft. Die Steuersätze für alle anderen Erben blieben unangetastet. Derzeit spielt die Erbschaftsteuer im Jahr gerade mal 5,5 Milliarden Euro ein. Teile der SPD sowie Grüne und Linkspartei wollen die Steuer deshalb anheben. Aber auch konservative Ökonomen plädieren für mehr Erbschaftsteuereinnahmen, etwa über eine einheitliche Steuer für alle Erben in Höhe von zehn Prozent – im Gegenzug könnte die Belastung für Arbeitseinkommen gesenkt werden.

Umstritten ist unter Ökonomen allerdings, ob sich die soziale Spaltung in den vergangenen Jahren tatsächlich verschärft hat. So ist die Ungleichheit bei den Nettoeinkommen seit 2005 leicht zurückgegangen. Die Vermögensungleichheit ist

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