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Aktienrente: Wann, wenn nicht jetzt?

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Von Aktienrente redet keiner mehr, auch der Kursverluste wegen. Das Rentenproblem wird verschleppt. Dafür gibt es zweifelhafte Wohltaten.

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Für Marktwirtschaftler ist die Aktienrente einer der wenigen Pluspunkte im Koalitionsvertrag. Die Ampel versprach einen Zehn-Milliarden-Fonds, der für Rentenversicherte Aktien kauft, so wie der hundertmal so große norwegische Staatsfonds. Im alternativen Modell nach schwedischem Vorbild könnte jeder einen Teil des Rentenbeitrags in ein Depot stecken. Doch es gab weder Norwegen noch Schweden, sondern: Schweigen. Im Haushalt taucht die Aktienrente nicht auf.

Zum Glück, werden Oberschlaue sagen, angesichts von Rezession, steigenden Zinsen und Energieangst, die den Dax seit Januar 18 Prozent ins Minus gedrückt haben. Seit seinem Tief vor ein paar Wochen hat er aber auch sieben Prozent zugelegt. Und natürlich müsste die Aktienrente Dax-Schwankungen nicht eins zu eins mitmachen. Das tut der auf 80 Jahre angelegte staatliche Atomfonds Kenfo, der die Atomentsorgungskosten finanziert, auch nicht. Was geht, hat er gezeigt: 10,4 Prozent Rendite 2021, im Schnitt 8,6 Prozent jährlich seit 2017. Milliarden konnte er ausschütten, und ist größer denn je.

Timing an der Börse geht meist schief. Für die Rentenversicherung wie für private Sparer gilt aber: Irgendwann muss man anfangen. Am besten, wenn die Kurse gefallen sind und es düster ausschaut.

Die Rente ist jetzt schon chronisch unterfinanziert. Viele werden länger arbeiten müssen, pro Woche, wie es Ex-SPD-Chef Gabriel des Fachkräftemangels wegen empfiehlt, und auch jenseits der 67. Künftige Rentner müssten, wenn sie ihren Lebensstandard im Alter einigermaßen halten wollen, über sechs Prozent ihres Nettoeinkommens sparen. Das schaffen die meisten nicht, schon gar nicht die mit niedrigem Einkommen, die von der Inflation bei Essen und Energie überproportional getroffen werden.

Wer arm ist, darf wegen unbezahlter Heizkosten nicht aus der Wohnung fliegen, das ist richtig. Die Regierung von „You’ll Never Walk Alone“-Scholz aber verteilt mit der Gießkanne Geld, das sie nicht hat: Neun-Euro-Ticket, Tankrabatt, Kinderbonus, demnächst Bürgergeld ohne Sanktionen, mit dem die SPD ihr Hartz-IV-Trauma überwinden will.

Viele Wohltaten werden ganz schnell verfrühstückt sein. Besser wäre ein erster, kleiner Schritt auf dem Weg zur Entschärfung des Rentenproblems. Der würde gerade Geringverdienern helfen, die sonst keine Chance haben, Aktiengewinne zu kassieren. Die nämlich wird es in den nächsten 80 Jahren geben. Das ist sicher – deutlich sicherer als die Rente.

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