Ein Frühlingstag in einem Wirtshausgarten auf dem Land. Die Schwester der netten Kellnerin kommt an den Tisch. Sie sammelt Unterschriften, für den Sozialverband VdK, gegen die hohen Pflegekosten. Die Pflegeversicherung reiche nicht, und am Ende müsse die Familie zahlen. Was Unterschriften daran ändern? „Der Staat soll die Kosten übernehmen.“ Auch die SPD sieht das so. Versicherungsprinzip? Schön und gut. Aber wenn es nicht reicht, soll der Staat ran.
Am selben Tag, abends in den Fernsehnachrichten: Bilder von einer Demo in Berlin. „Miethaie enteignen“, flankiert von wohlwollenden Politiker-Statements. Der Staat soll seine Wohnungen zurückholen, angeblich zum Wohl der Allgemeinheit. Dass derselbe Staat die Wohnungen einst billig verkaufte, weil er sich übernommen hatte und kein Geld mehr für die Bewirtschaftung und Instandhaltung aufbringen konnte – geschenkt.
Der Staat kann es besser, weiß es besser. In Gestalt des Finanzministers weiß er, welche Banken fusionieren müssen, in Gestalt des Wirtschaftsministers, dass das Land nationale Champions braucht. Und das ist noch nicht alles. Der Staat weist uns im Klimakabinett einen Weg raus aus Kernkraft und Kohle, setzt eine neue Autotechnologie durch – und bestimmt auch gern noch darüber, dass wir unsere Organe zu spenden haben.
Staat, Staat, Staat. Was ist los in diesem Land? Droht jetzt, exakt 30 Jahre nach dem Mauerfall, eine Renaissance des Sozialismus?
Dabei ist es so einfach. Nicht böse Spekulanten und raffgierige Immobilienkonzerne verursachen hohen Mieten. Sondern ein schwach wachsendes Angebot bei steigender Nachfrage ist der Hauptgrund: Die Städte weisen zu wenig Bauland aus; langwierige Baugenehmigungen, hohe Nebenkosten, strenger Mieterschutz machen Wohnungsbau und Vermieten wenig attraktiv. Enteignungsdrohungen werden nicht dazu beitragen, das zu ändern. Und dass die Miete viele überfordert, liegt nicht zuletzt an einem Staat, der mit Gebühren, Steuern und den höchsten Strompreisen aller Zeiten die Nebenkosten treibt.
Die Bundesrepublik ist nicht reich, weil Behörden die Wirtschaft gesteuert haben, sondern weil Individuen in unendlich vielen Entscheidungen Risiken eingegangen sind, Verantwortung übernommen und gearbeitet haben. Unterstützt von einem Staat, der einen verlässlichen Rechtsrahmen setzte – und durchsetzte. Muss man es wirklich noch mal sagen? Der Staat soll sich konzentrieren auf das, was er kann. Soll nicht steuern, wo investiert wird; nicht festlegen, welche Technologien sich durchsetzen. Versucht er es, endet das bei Trabi, Plattenbau und Industriekombinat – und in Unfreiheit.