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Lasst die Preise wirken!

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Er signalisiert Knappheit, zwingt zum Sparen, treibt die Suche nach Alternativen: Gerade in der Energiekrise sollte niemand den Markt aushebeln.

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Die Notenbanken marschierten voran: Nach Lehman- und Euro-Krise killten sie den Zins, seit jeher der Preis des Geldes. Geld war von da an unbegrenzt vorhanden, sein Preis bis ins Negative gedrückt. Staaten verschuldeten sich, Vermögende fuhren risikolos Gewinne ein, bis jetzt Inflation und Rezessionsangst Wirtschaft und Börsen durchschütteln.

In der selbst verschuldeten deutschen Energiekrise wiederholt die Ampel den Fehler, will den Preis als Indikator für Knappheit weitgehend neutralisieren. Dabei gilt: Je höher der Gaspreis, umso mehr Gas sparen die Haushalte, das lässt sich für Europa klar nachweisen. Besser wäre also, die Signalfunktion der Preise zu nutzen, um Sparen zu erzwingen – und Bedürftigen dann direkt zu helfen sowie Unternehmen zu entlasten, anstatt Preise zu deckeln, Umlagen breit zu verteilen und Mietern die Heizrechnung zu bezahlen.

Auch das marktgetriebene Prinzip, den Strompreis an der Börse am jeweils letzten und teuersten Kraftwerk auszurichten, hat funktioniert. Der Nachweis, dass andere Systeme besser sind, wurde nicht erbracht – und dass die Abschöpfung staatlich definierter Übergewinne Investitionen in erneuerbare Energien vorantreibt, darf ebenfalls bezweifelt werden. Weil steigende Preise zum Sparen zwingen und Investitionen in Alternativen attraktiver machen, war der teure Benzinpreisrabatt ebenso ein Fehler wie das Einfrieren des CO2-Preises für Sprit und Brennstoff. Eigentlich sollte der von 30 auf 35 Euro pro Tonne CO2 steigen, der Schritt ist aber ausgesetzt. Zwar geht es hier nur um ein bis zwei Cent pro Liter, aber Berlin fürchtet offenbar Gelbwesten-Proteste.

Vernünftig wäre, an den Erhöhungen festzuhalten, vor allem aber: auch diese Preise möglichst schnell in ein Zertifikate-Handelssystem für CO2 zu überführen. So wie seit 2005 erfolgreich in der Industrie praktiziert: Der Staat legt Obergrenzen für Emissionen fest und teilt Zertifikate zu. Deren Preise können sich frei bilden, jeder Produzent von CO2 kann anhand der Preissignale selbst entscheiden, ob er emittieren oder in Filter und Ersatzlösungen investieren will. Mit Erlösen aus dem Verkauf der Zertifikate kann der Staat Opfern der hohen Energiepreise helfen, seien es nun Verbraucher oder Mittelständler. Bestrebungen, diesen Marktmechanismus auszusetzen, sollte die Politik nicht nachgeben.

Nebenbei: Der einfachste Weg, Preise marktkonform zu drücken und einer Deindustrialisierung zu begegnen, ist die Erhöhung des Angebots. Durch Ausbeutung heimischer Gasreserven zum Beispiel – und Atomkraftwerke.

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