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Trotz der Subventionen geht es vor allem kleinen Bauern schlecht. Dagegen protestieren sie Quelle: dpa

Wenn schon Subventionen, dann bitte andere!

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Protest gegen Billiglebensmittel ändert nichts am Problem: Statt Landschaftsschutz subventionieren wir industrielle Landwirtschaft – mit fatalen Folgen.

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Nein, das ist keine Ente: In Mecklenburg sollen Hunderte Nandus zur Jagd freigegeben werden. Eine neue Vogelart, aber kein Zeichen für eine intakte Natur. Die Pampa-Strauße fressen Raps, der für Biodiesel angebaut wird. Sie sind kein Ersatz für das, was an Vielfalt auf den Feldern verloren gegangen ist. Vögel, Insekten, Kleinsäuger: weniger Arten, weniger Exemplare. Die Schuld dafür den Bauern zuzuschieben ist unfair. Politik und Verbraucher zwingen sie in eine immer stärker industrialisierte Landwirtschaft mit immer größeren und immer öderen Flächen. Bauern stellen jetzt im Land grüne Kreuze auf.

Zu Recht, denn hier läuft vieles schief. Keine Branche bekommt so viel Subventionen, und doch hat sich binnen 20 Jahren die Zahl der Bauernhöfe noch mal halbiert. Gerade im Norden und Osten dominieren riesige Agrarbetriebe, betrieben von ortsfremden Investoren, gut genährt von EU-Subventionen. Verantwortlich für die Ödnis sind alle: Lebensmitteldiscounter, die Preise drücken, wo es nur geht. Verbraucher, die diese billigen Lebensmittel kaufen. Klimaschützer, die CO2 um jeden Preis vermeiden wollen und deshalb Raps- und Maissteppen tolerieren. Gleichzeitig hat die Agrarpolitik ein bürokratisches Monster zur Subventionierung und Regulierung der Bauern geschaffen, aber immer noch nicht nach klaren Zielen differenziert.

Um neue Vorgaben der EU-Düngeverordnung zu erfüllen, dürfen zum Beispiel auch kleinere Bauern künftig weniger düngen. Zielführender wäre es, erst mal zu fragen, warum ein dicht besiedeltes Industrieland überhaupt so viel Gülle produziert. Müssen wir Millionen Tonnen Schweinefleisch nach China exportieren? Familienbetriebe werden so im Wettbewerb weggedrückt. Seit 2010 ist die Zahl der kleineren Schweinehalter um ein Drittel gesunken, dafür gibt es zwei Drittel mehr große, die 5000 und mehr Schweine mästen. So viel zum Thema Tierwohl.

Wenn schon Subventionen, dann solche, die Landschaft und Tieren helfen. Europas Regierungschefs, die demnächst über den EU-Haushalt nach dem Brexit streiten, sollten die Flächensubventionierung von Monokulturen kappen. Bauern sagen, sie wollten nicht als Landschaftsgärtner enden, sondern faire Preise für ihre Produkte. Die aber sind im globalen Wettbewerb nicht immer drin. Dafür sind viele bereit, für Naturschutz zu zahlen. Einige Bauern haben das gemerkt. Sie sammeln im Netz Geld dafür, dass sie auf kleinen Flächen statt Mais Blütenwiesen säen. Ein Anfang – und ein ideales Feld für Großstädter, die mehr geben wollen als nur Likes für „Rettet die Bienen“.

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