
Eigentlich sollen sie ihren Lebensabend genießen. Doch immer mehr Rentner arbeiten im Alter weiter. Im vergangenen Jahr gingen 14 Prozent der 65- bis 69-Jährigen einer bezahlten Tätigkeit nach. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es noch sechs Prozent. Binnen weniger Jahre hat sich also der Anteil arbeitender Rentner verdoppelt. Diese Zahlen hat das Statistische Bundesamt am Mittwoch veröffentlicht.
Doch aus welchen Gründen arbeiten immer mehr Rentner? Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA) gibt es vielerlei Motive. In der Befragung aus dem Jahr 2011 hatten 72 Prozent gesagt, sie arbeiten im Alter weiter, weil sie Spaß an der Arbeit haben. Knapp 56 Prozent verspürten den Wunsch nach einer neuen Aufgabe, 55 Prozent suchten den Kontakt zu Menschen. 40 Prozent der Befragten gaben finanzielle Gründe an.
In diesen Berufen dauert es überdurchschnittlich lange, Stellen neu zu besetzen
81 Tage.
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
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Berechnungen des Finanzwissenschaftlers Reinhold Schnabel von der Universität Duisburg-Essen auf Grundlage des Sozio-ökonomischen Panels zeigen, dass über 60 Prozent der erwerbstätigen Rentner einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen, also bis zu 450 Euro monatlich hinzuverdienen. Etwa 20 Prozent sind sogenannte teilerwerbstätige Rentner, die mehr als 450 Euro verdienen. Die dritte Gruppe, etwa 15 Prozent, sind voll erwerbstätige Senioren sowie Selbstständige und bestimmte Beamtengruppen wie Professoren.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) warnt, dass künftig mehr Rentner arbeiten müssten, um der Altersarmut zu entgehen. „Je niedriger die Rente, umso wahrscheinlicher eine berufliche Tätigkeit im Ruhestand“, heißt es in einer Studie.





Für Klaus Zimmermann, Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn, sind arbeitende Rentner „ein Segen, da sie für den Arbeitsmarkt zusätzliches Flexibilisierungspotenzial bieten“. Längere Lebensarbeitszeiten und Arbeiten im Ruhestand seien die richtige Antwort auf den demografischen Wandel.
Der ist laut Statistischem Bundesamt nun voll zu spüren. Ende 2013 gab es in Deutschland rund 17 Millionen Menschen über 65 Jahre. Bis zum Jahr 2060 wird sich ihr Anteil von 21 Prozent auf voraussichtlich 33 Prozent erhöhen – ein Drittel der Gesellschaft.
Ökonom Zimmermann glaubt, dass die Menschen auch im Alter aktiv bleiben wollen. „Das müssen wir volkswirtschaftlich nutzen.“ Der Ökonom fordert, das deutsche Rentensystem mit seinen starren Fristen umzubauen. „Wir brauchen ein flexibles Renteneintrittsalter im Bereich von 70 Jahren.“ Viele Unternehmen seien auf die „Expertise älterer Arbeitnehmer und Rentner angewiesen“. Laut IAB setzt rund jeder zweite erwerbstätige Rentner seine Tätigkeit in dem Unternehmen fort, in dem er zuvor beschäftigt war.
Ob ältere Menschen mit 65 Jahren oder darüber hinaus weiterarbeiten, ist auch eine Frage des Geschlechts. Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten 2014 noch 17 Prozent der 65- bis 69-jährigen Männer, aber nur zehn Prozent der gleichaltrigen Frauen. Kurz vor dem offiziellen Renteneintrittsalter gibt es einen ähnlichen Effekt. Bei den 60- bis 64-jährigen Männern gingen im vergangenen Jahr noch 59 Prozent einer Erwerbstätigkeit nach, bei den Frauen dieser Altersgruppe lag die Erwerbstätigenquote bei 46 Prozent.
Auch die Art der Tätigkeit ist wichtig. Für Selbstständige gibt es keine bindende Regelaltersgrenze, sodass diese Erwerbsform mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinnt. Knapp 40 Prozent der 65- bis 69-jährigen Erwerbstätigen waren selbstständig. Bei den 60- bis 64-Jährigen lag der Anteil lediglich bei 16 Prozent.
Die Statistiken zeigen: Das offizielle Renteneintrittsalter mag angehoben werden – von 65 auf 67, womöglich gar auf 70 oder noch höher, wie manche fordern. Schon heute gehen aber ohnehin immer mehr in dieser Altersklasse einer bezahlten Beschäftigung nach. Arbeitende Oldies werden zur Normalität.