Rente Wie die Rezession die Sozialkassen belastet

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Rentner: Nie wieder Angst vor dem Abgrund Quelle: Laif

Die üppigen Jahre sollen zwar durch eine Diät ab dem Jahr 2011 abgespeckt werden. Doch selbst wenn sich die künftige Regierung an diesen Vorsatz hält und die Renten 2011 bis 2014 kaum oder gar nicht steigen, entstehen der Rentenversicherung zusätzliche Kosten. „Diese vier bis fünf Milliarden Euro werden ja jedes Jahr von Neuem fällig, so lange, bis die versäumte Absenkung nachgeholt wird“, sagt Rentenexperte Bernd Raffelhüschen. „Meiner Meinung nach wird das frühestens 2016 geschehen.“ In diesem Fall könnten sich die Kosten für das Renten-Garantie-Gesetz auf 30 Milliarden Euro summieren.

Zunächst könnte das Loch aus den Reserven der Rentenversicherung gestopft werden. Sie liegen bei rund 16 Milliarden Euro. Mittelfristig aber dürfte die versprochene Beitragssenkung dafür geopfert werden, fürchtet Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Raffelhüschen geht sogar von einem steigenden Satz aus. Laut Regierung soll er von derzeit 19,9 Prozent bis 2015 auf 19,3 Prozent sinken. Zudem dürfte der Steuerzuschuss zur Alterskasse weiter steigen. Schon jetzt macht er mit knapp 80 Milliarden Euro den größten Posten im Bundeshaushalt aus.

Gleichzeitg wachsen die Budgetlöcher auch in anderen Zweigen der Sozialversicherung: Im Gesundheitsfonds etwa fehlen wegen der Rezession rund 2,9 Milliarden Euro – und auch dieses Problem versucht die Regierung auf die Zeit nach der Wahl zu verschieben: In diesem Jahr springt der Bund mit einem Darlehen ein, das erst 2011 zurückgezahlt werden soll. Doch ob es dazu kommt, ist fraglich: Doris Pfeiffer, Chefin des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen, wies die Regierung bereits darauf hin, dies müsse „politisch entschieden“ werden. Die Rückzahlung müsse schließlich über höhere Beiträge finanziert werden. Für die Bundesregierung käme das höchst ungelegen, sorgte sie doch gerade erst dafür, dass die Beiträge zum 1. Juli vorübergehend sinken. Statt 15,5 Prozent des Bruttogehalts werden nur noch 14,9 Prozent fällig. Den Rest schießt der Staat zu, er macht dafür neue Schulden. Auch haben bereits 16 Kassen Zusatzbeiträge für ihre Versicherten angekündigt.

Am schlimmsten von allen Sozialkassen ist jedoch die gesetzliche Arbeitslosenversicherung betroffen. Ihr brechen nicht nur die Einnahmen weg, sondern auch die Ausgaben steigen drastisch. Anfang des Jahres verfügte die Bundesagentur für Arbeit (BA) noch über ein Polster von 17 Milliarden Euro, doch bis Ende Dezember werden 14 Milliarden davon aufgebraucht sein, schätzt BA-Chef Frank-Jürgen Weise. Bereits in den ersten Monaten des Jahres stiegen die Ausgaben für Kurzarbeit, Insolvenz- und Arbeitslosengeld um 700 Millionen Euro im Vergleich zum ersten Quartal 2008. Eigentlich müsste der auf 2,8 Prozent gesenkte Beitragssatz nun wieder steigen, doch auch dies hat die Regierung auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben. Jetzt springt, natürlich, erst einmal der Bund ein.

Denn so oder so wird Finanzminister Peer Steinbrück ja als Rekord-Schuldenmacher in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen. Und Olaf Scholz als der Mann, der es geschafft hat, den ehemaligen Sozialminister und Rentengaukler Norbert Blüm sogar noch zu übertreffen.

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