Rentenangleichung Für ostdeutsche Unternehmen wird es teuer

Die Rentenangleichung wird für ostdeutsche Unternehmen deutlich teurer als bisher in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Darauf hat die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) im Bundestag hingewiesen.

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Unternehmen in Ostdeutschland müssen wegen der Rentenangleichung mit deutlich höheren Belastungen rechnen. Quelle: dpa

Berlin Dass die Anhebung der Renten in Ostdeutschland nicht billig wird, war klar. 15,7 Milliarden Euro Mehrkosten plant die Bundesregierung in ihrem Gesetzesentwurf ein. Jetzt stellt sich heraus: Wo Unterschiede zwischen Ost und West ausgeglichen werden sollten, werden stattdessen neue geschaffen.

Die Rentenangleichung wird für ostdeutsche Unternehmen deutlich teurer als bisher angenommen. Das sagte der Rentenexperte der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Alexander Gunkel, am Rande der Anhörung zur Rentenreform im Bundestag auf Anfrage des Handelsblatts. „Den Unternehmen droht als Folge der Pläne der Bundesregierung ein Anstieg beim Rentenbeitrag und beim Arbeitslosenbeitrag um 50 Prozent binnen weniger Jahre“, warnt Gunkel. Das könne einem kleinen personalintensiv arbeitenden Unternehmen durchaus das Genick brechen.

Wie kann das sein? Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll der aktuelle Rentenwert für Ostdeutschland bis 2025 schrittweise an den noch höheren Rentenwert in den alten Bundesländern angeglichen werden. Allein dieser Prozess belastet die Rentenversicherung ab 2018 mit 3,9 Milliarden Euro jährlich. Zahlen sollen das im Wesentlichen die Beitragszahler in Ost und West. Zeitgleich sollen jedoch auch die Beitragsbemessungsgrenzen in Ostdeutschland schrittweise auf Westniveau angehoben werden.

Die Beitragsbemessungsgrenze bestimmt, bis zu welcher Summe von Einkommen Sozialbeiträge gezahlt werden und definiert damit auch den Beitrag, der maximal für einen Arbeitnehmer abgeführt wird. Er steigt nach den Berechnungen der BDA im Osten zwischen 2017 und 2025 von 1065,90 Euro auf 1595,80 Euro im Jahr. 2025 um über 50 Prozent. Der Anstieg müsste je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen werden.

„Diese kräftige Sonderbelastung von Arbeitgebern und Beschäftigten muss zumindest begrenzt werden“, heißt es in der Stellungnahme des BDA. „Statt die Beitragsbemessungsgrenze Ost außerordentlich anzuheben, könnte die Bemessungsgrenze West so lange eingefroren werden, bis beide das gleiche Niveau haben,“ schlägt Gunkel vor. Die Chancen, dass die Bundesregierung diese Forderung aufnehmen wird, sind allerdings sehr gering. Das wurde auch auf der Anhörung deutlich. Würde man die Bemessungsgrenze nur im Osten entsprechend der Lohndynamik steigen lassen, würde das zu erheblichen Einnahmeausfällen für die Rentenversicherung führen. Um das auszugleichen, müssten die Rentenbeiträge erhöht werden.

Ganz vermeiden könnte man die Zusatzbelastungen der Beitragszahler, würde man das Reformkonzept der Bundesregierung in den Papierkorb werfen. Das fordert neben der BDA auch der Sachverständigenrat der Bundesregierung. Die Wirtschaftsweisen haben nämlich einen Vorschlag gemacht, mit dessen Hilfe man gleiches Rentenrecht in Ost und West erreichen könnte. Und zwar ohne einen einzigen Euro an Zusatzkosten.

Nach dem Vorschlag des Sachverständigenrats müssten dazu nur die neu entstehenden Rentenanwartschaften in Ost und West auf Basis eines neuen deutschlandweit einheitlichen Rentenwerts errechnet werden. Bereits erworbene Anwartschaften blieben unangetastet, so das niemand einen Nachteil hätte. Die Beitragsbemessungsgrenze würde als Durchschnittswert für ganz Deutschland berechnet. Das würde für den Westen eine geringe Senkung der Grenze bedeuten, für die neuen Länder allerdings eine Erhöhung – allerdings deutlich geringer als nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung.

Wenn die Bundesregierung ihre Pläne umsetzen will, dann soll sie es wenigstens über Steuern finanzieren, fordern Arbeitgeber ebenso wie Gewerkschaften und die Deutsche Rentenversicherung. Bis jetzt plant die Bundesregierung aber nur 2,3 Milliarden Euro über einen Steuerzuschuss zu finanzieren. Mehrere Sachverständige kritisierten, dass der Bund der Rentenversicherung auf diese Weise zum wiederholten Mal Geld entziehe, das für sinnvolle Verbesserungen fehle.

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