Kaum noch eine Chance hat nach der jüngsten Koalitionsrunde hingegen die von CSU-Chef Seehofer geforderte Ausweitung der Mütterrente. Während die Christsozialen, neben Seehofer war die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt dabei, auf Gerechtigkeit für Mütter von vor 1992 geborenen Kindern pochten, äußerten die CDU- und SPD-Vertreter Zweifel an der Finanzierbarkeit. Rund 6,7 Milliarden Euro pro Jahr soll die Erweiterung kosten. Damit scheint klar: Die Mütterrente wird ein Projekt für die nächste Legislaturperiode. Und den CSU-Wahlkampf.
Recht entspannt sprachen die Teilnehmer an Merkels Tafelrunde schließlich über Grundsätzliches zur tragenden Rentensäule, der gesetzlichen Alterssicherung. Diese ist in deutlich besserer Verfassung als erwartet, gab Nahles bekannt und nahm damit ein Ergebnis ihres neuesten Rentenberichts vorweg, der Ende des Monats veröffentlicht wird. Das Rentenniveau wird in diesem Jahr, so die Ministerin, dank einer Rekordanhebung der Rente im Osten und Westen sogar leicht steigen, und zwar um 0,2 Punkte auf 48 Prozent des Durchschnittseinkommens. Diese Vorlage wirkt auch in der Zukunft noch wohltuend nach: Im Jahr 2030 soll das Rentenniveau laut der neuesten Prognose fast einen halben Prozentpunkt höher ausfallen als bisher gedacht; mit dann 44,5 Prozent würde die gesetzlich vorgegebene untere Haltelinie von 43,0 Prozent also beträchtlich überschritten.
Akuter Handlungsbedarf oder gar teurer Populismus, wie ihn Horst Seehofer und Sigmar Gabriel noch im Frühjahr betrieben, ist weder nötig noch angebracht, lautet Nahles’ Botschaft. Da befindet sich die Genossin in guter Gesellschaft mit Franz Müntefering, einst Bundesarbeitsminister und Urheber der vergangenen großen Rentenreformen. Dieser mahnt zur Ruhe: „Die gesetzliche Rente verträgt keine Kurzatmigkeit und kein Hin und Her. Verlässlichkeit ist Pflicht.“ Der frühere SPD-Parteichef ermutigt gleichwohl die Regierung, noch vor der Wahl 2017 die wichtigsten Fragen gemeinsam zu klären. „Die große Koalition ist gut beraten, im Konsens Haltelinien für die Jahre bis 2045 einzuziehen und so Sicherheit zu geben.“
Das Niveau steigt
Würde die Regierung ihrem eigenen Alterssicherungsbericht 2016 folgen, wäre die Diskussion um die Rente schnell beendet. Denn dort rechnen die Fachleute aus Nahles’ Ministerium an sechs Modellfällen detailliert durch, was jene erwarten können, die nicht nur eine Rente beziehen, sondern darüber hinaus privat vorsorgen: kein sinkendes, sondern ein stabiles oder sogar steigendes Gesamtversorgungsniveau. Mit anderen Worten: Das langfristig nach unten zeigende gesetzliche Rentenniveau, um das sich ein Großteil der Alarm-Debatte dreht, ist nur ein täuschender Ausschnitt der Wahrheit.
Bei allen Einwänden gegen die Modellrechnungen: Selbst diese Zahlen dürften noch zu niedrig angesetzt sein, da darin zwar das Riester-Sparen und weitere private Vorsorge enthalten sind, aber gerade letztere kaum im real existierenden Umfang. „Neben der Riester-Rente gibt es allein noch rund 30 Millionen weitere private oder betriebliche Rentenverträge“, sagt GDV-Mann Peter Schwark, „mit einer durchschnittlich versicherten Monatsrente von ungefähr 175 Euro.“ Für Rentner mit Lebensversicherungen erhöhe sich das Altersversorgungsniveau damit im Schnitt um weitere gut zehn Prozentpunkte.
Den deutschen Rentnern insgesamt droht keinesfalls eine massenhafte Verarmung, lautet die vielleicht wichtigste Erkenntnis im Herbst 2016.