




WirtschaftsWoche: Herr Maier, am heutigen Montag feiert das Wirtschaftsforum der SPD in Berlin seine Gründung. Warum sind Sie überhaupt in der SPD?
Robert Maier: Als 2004 die Montagsdemos gegen die Hartz-Reformen Fahrt aufnahmen, habe ich einen Mitgliedsantrag ausgefüllt. Ich bin also eingetreten als viele andere ausgetreten sind. Ich empfand Schröders Agenda als mutige, gute Politik. Und das wollte ich demonstrieren. Mir ist aber wichtig zu betonen: Die SPD- Mitgliedschaft ist keine Voraussetzung für ein Engagement im Wirtschaftsforum. Wir möchten das Forum bewusst offen halten!

Sie haben BWL studiert und im Investment-Banking gearbeitet. Heute sind Sie erfolgreicher Internet-Unternehmer und führen mehr als 200 Mitarbeiter. Nicht gerade der klassische Werdegang eines Genossen…
Aber warum denn nicht? Wirtschaftskompetent zu sein und Unternehmer und eben auch Sozialdemokrat – das sind doch keine Gegensätze. Ihre Frage zeigt jedoch, wie wichtig das Wirtschaftsforum ist, denn viele Menschen sehen nur Gegensätze wenn sie Wirtschaft und SPD in einem Satz hören. Das möchten wir ändern.
Wenn man aus der SPD nur nicht so häufig den Eindruck bekäme, dass „die Wirtschaft“ etwas ist, vor dem Bürger geschützt werden müssen und „der Markt“ eine Bestie, die man besser nicht von der Kette lässt.
Sehen Sie: Diese Sichtweise, die in der Tat mancher meiner Parteikollegen haben mögen, ist ebenso pauschal und falsch wie die Urteile über eine „wirtschaftsfeindliche SPD“. Dass ich sehr gerne die Rolle als Präsidiums-Mitglied im neuen SPD-Wirtschaftsforum übernehme, hängt genau damit zusammen: Das Forum soll Raum geben für Stimmen und Ansichten der Unternehmer, der Selbstständigen und der Entscheider. Es soll aber auch vermitteln zwischen der SPD und der Wirtschaft. Wir sind Plattform und Transmissionsriemen zugleich.
Zur Person
Robert Maier, 34, ist geschäftsführender Gesellschafter der Internetplattform Visual Meta in Berlin und sitzt im Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ des Bundeswirtschaftsministeriums. Er studierte BWL an der WHU in Vallendar. Vor seiner Start-up-Karriere arbeitete er für die Bank Merryll Lynch.
Welche Reaktion bekommen Sie persönlich für Ihr Engagement – gerade auch aus der Start-up-Szene.
Sehr häufig höre ich ein „Wird echt Zeit“. Unternehmer werden zu häufig als Ausbeuter und nicht als Wachstumstreiber und Schaffer von Arbeitsplätzen gesehen. Das ist eine Verdrehung der Wirklichkeit! Wir wollen in der SPD mehr Verständnis für wirtschaftliche Belange wecken, aber gleichzeitig auch in der Wirtschaft mehr Verständnis für sozialdemokratische Politik. Unsere Aufgabe geht in beide Richtungen, um das Zusammenwirken von Wirtschaft und Politik zu verbessern.
Die Geschichte der SPD
Ferdinand Lassalle gründet am 23. Mai den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) in Leipzig, der Vorläufer der SPD. Das Datum gilt als Geburtstag der deutschen Sozialdemokratie.
Auf einem Parteitag in Erfurt gibt sich die SPD ein neues Programm und wird zur Massenpartei - für die Rechte von Arbeitern.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ruft der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann am 9. November in Berlin die Republik aus. SPD und USPD bilden für kurze Zeit eine Revolutionsregierung.
Nach den Wahlen zur Nationalversammlung wird der Sozialdemokrat Friedrich Ebert Reichspräsident.
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar endet die Weimarer Republik. Die Sozialdemokraten lehnen am 23. März das Ermächtigungsgesetz ab, im Juni verbietet Hitler die SPD. In der Folge werden zahlreiche Sozialdemokraten verfolgt, ermordet und in Konzentrationslagern eingesperrt.
SPD und KPD werden in der sowjetischen Besatzungszone unter Druck zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) vereint.
Mit dem Godesberger Programm wandelt sich die SPD im Westen von einer Klassen- zu einer pluralistischen Volkspartei.
Zum ersten Mal ist die SPD in der Bundesrepublik an einer Regierung beteiligt: der Großen Koalition mit der CDU/CSU.
Willy Brandt ist Bundeskanzler der SPD/FDP-Koalitionsregierung. Nach seinem Rücktritt wegen der Affäre um den DDR-Spion Günter Guillaume folgt ab 1974 Helmut Schmidt als Kanzler (bis 1982).
West- und Ost-SPD vereinigen sich zu einer gesamtdeutschen SPD.
Dritter SPD-Bundeskanzler wird Gerhard Schröder (bis 2005). Die SPD regiert mit den Grünen. Mit dem Namen Schröder sind auch die umstrittenen Arbeitsmarktreformen der „Agenda 2010“ verbunden.
Die SPD kommt mit Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier auf nur 23 Prozent der Stimmen und verliert ihre Regierungsbeteiligung. Nach der Wahlniederlage wird Sigmar Gabriel zum neuen Parteivorsitzenden gewählt.
Das Forum will sich mit eigenen, von der SPD unabhängigen, Positionen profilieren. Welche Themen werden Sie vorantreiben?
Meine persönliche Aufgabe im Wirtschaftsforum sehe ich – als Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter eines Internetunternehmens – besonders darin, mich für die Belange der Start-ups, der Digital-Wirtschaft und des Mittelstands einzusetzen. Die fallen in der Politik zu häufig hinten runter – aller Bekenntnisse zum Trotz. Da ist noch viel zu tun. Zudem werden wir im Dialog mit unseren Mitgliedern in den kommenden Monaten unsere Positionen bestimmen.
Zu Ihrer Gründungsfeier wird Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel kommen. Was wollen Sie ihm dort mit auf den Weg geben?
Sigmar Gabriel hat die Idee des Wirtschaftsforums und seiner Unabhängigkeit von Beginn an unterstützt. Er steht den Belangen der deutschen Wirtschaft offen gegenüber, weit offener als manche unserer Parteifreunde. Ich möchte Sigmar Gabriel darin bestärken, die Belange von Unternehmern und Entscheidern aus der Wirtschaft weiter ernst zu nehmen und in allen Politikbereichen die Auswirkungen von Maßnahmen auf die Wirtschaft zu berücksichtigen.