Rot-Rot-Grün Unions-Nachwuchs empört mit Rote-Armee-Vergleich

SPD, Linke und Grüne loten die Möglichkeit für ein linkes Regierungsbündnis auf Bundesebene aus – und erzürnen damit CDU und CSU. Auch die Junge Union poltert los – mit einem bizarren Geschichtsvergleich.

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Umstrittene Fotomontage: Der Unions-Nachwuchs provoziert mit einem bizarren Geschichtsvergleich. (Foto: HB; Screenshot)

Berlin Knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl haben die Unionsparteien vor einem rot-rot-grünen Regierungsbündnis gewarnt.  Die Generalsekretäre von CSU und CDU, Andreas Scheuer und Peter Tauber, sparten dabei nicht mit Kritik. Scheuer sprach von einer „Linksfront“,  Tauber sagte, ein rot-rot-grün regiertes Deutschland wäre ein „Stabilitätsrisiko für Europa und die Welt“.

Deutlich heftiger fällt die Reaktion des Unions-Nachwuchses auf die rot-rot-grünen Gedankenspiele aus.  In den sozialen Medien postete die Junge Union München-Nord eine Fotomontage, das SPD, Linke und Grüne in die Nähe der Roten Armee rückt. Zu sehen  ist eines der bekanntesten Fotos aller Zeiten: Ein sowjetischer Soldaten hisst auf dem Dach des Reichstages die Rote Fahne. Das Bild steht wie kein anderes für die Niederlage Hitler-Deutschlands.

In das Bild montiert sind die Logos der Parteien, die sich am Dienstagabend in Berlin trafen, um Gemeinsamkeiten für ein mögliches Bündnis auszuloten. An den Beratungen nahmen rund 90 Bundestagsabgeordnete und Funktionäre von SPD, Linken und Grünen teil. SPD-Chef Sigmar Gabriel besuchte das Treffen kurz, ohne sich aber zu äußern. Überschrieben ist das von der JU verbreitete Foto mit der Zeile „Der deutsche Sozialismus formiert sich im Bund!“

Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz kritisierte die Aktion scharf. „Jetzt dreht die Junge Union München-Nord völlig durch“, schreibt der frühere Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag auf seiner Facebook-Seite. Die Rote Armee werde als Symbol für eine Regierung aus SPD, Grünen und Linkspartei verwendet, dabei koaliere die CDU mit zwei dieser Parteien, „und das ist gut so“. Die Linkspartei hingegen sei für die CDU nicht koalitionsfähig. „Die Gründe werden wir im Wahlkampf deutlich machen, aber nicht so.“

CSU-Generalsekretär Scheuer ließ indes auch kein gutes Haar an dem R2G-Treffen (R2G steht für zwei Mal rot und einmal grün). „Jetzt weiß es jeder: das Ziel ist eine linke Republik mit Rot-Rot-Grün“, sagte Scheuer der Nachrichtenagentur dpa. „Diese Linksfront würde Deutschland massiv schaden.“ Tauber attackierte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe die Linken. „Die Linke ist eine rote AfD – sie will raus aus dem Euro und bezeichnet die Nato als Kriegstreiber.“ Der SPD warf er Orientierungslosigkeit vor.


„Die Gemeinsamkeiten sind deutlich größer als das Trennende“

Die Vorsitzende der CSU-Bundestagsabgeordneten, Gerda Hasselfeldt, hatte den Sozialdemokraten zuvor vorgehalten, die Teilnahme von SPD-Abgeordneten an dem Treffen „trägt nicht gerade zur Vertrauensbildung in der Koalition bei“. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wies die Kritik zurück.

Vertreter der Parteien begründeten das Zustandekommen des großen Treffens im Jakob-Kaiser-Haus mit den starken Wahlergebnissen der AfD, dem Rechtstrend in Europa und der Ablehnung einer weiteren Großen Koalition. Die Gespräche wurden im Anschluss als erfolgreich gewertet. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer sagte am Mittwoch im Radiosender Radioeins des RBB, „der Anfang ist sehr, sehr gut gelungen“. Mit dem Treffen sei der Beginn einer verstärkten Zusammenarbeit der drei Parteien gemacht.

Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Caren Lay, sprach bei MDR Aktuell von einem großen Schritt zu Rot-Rot-Grün auf Bundesebene. Die Erwartungen seien zum Teil übertroffen worden, zwischen den drei Parteien sei Vertrauen hergestellt worden. „Die Gemeinsamkeiten sind deutlich größer als das Trennende“, sagte Lay. Als Beispiele für gemeinsame Positionen nannte sie den Kampf gegen Altersarmut, eine Bürgerversicherung und die Forderung nach bezahlbarem Wohnen.

Zurückhaltend zu den Erfolgsaussichten eines solchen Bündnisses äußerte sich aus den Reihen der Grünen deren Bundestagsabgeordneter Jürgen Trittin. „Ich glaube, dass sich alle im Klaren darüber sind, dass es nicht einfach wird, eine Mehrheit gegen die Union aufzubauen“, sagte Trittin dem Bayerischen Rundfunk. Gleichwohl ist er der Auffassung, „dass es den Versuch wert ist wenn wir verhindern wollen, dass wir in eine Situation hineinstolpern, wie sie Österreich kennzeichnet“. Dort folge eine Große Koalition auf die nächste und parallel würden die Rechtspopulisten immer stärker. 

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