Rückkehr ins Spitzenamt Diese vier Baustellen warten auf Andrea Nahles

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Herausforderungen beim Bürgergeld

3. Bürgergeld und Kindergrundsicherung umsetzen

Im Koalitionsvertrag hat sich die neue Bundesregierung einige Veränderungen der Sozialsysteme vorgenommen. So soll ein Bürgergeld die bisherige Grundsicherung, also das für die SPD zum Trauma gewordene Hartz IV, ersetzen. Viele Details gibt es noch nicht, aber es zeichnet sich durchaus ein Paradigmenwechsel ab.

So soll es eine sechsmonatige Vertrauenszeit geben. Sanktionen werden zunächst bis zum Jahresende 2022 ausgesetzt, Mitwirkungspflichten sollen dann zwar erhalten, aber abgeschwächt werden, so dass „eine Beratung auf Augenhöhe möglich ist“. Was das genau heißt? Die Koalitionspartner verabschieden sich damit zunächst jedenfalls vom Hartz-Grundsatz des „Fördern und Fordern“. Eine Kehrtwende übrigens, die nicht zuletzt noch Nahles selbst in ihrer Zeit als SPD-Chefin mit vorbereitet hatte.

Für die Bundesagentur beziehungsweise ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern wird sich wohl die Frage stellen, wie verordnetes – und auch irgendwie zu überprüfendes – Vertrauen funktionieren soll. Sie werden täglich umsetzen müssen, was die neue Bundesregierung von Menschen verlangen will, die der Staat unterstützt – und ob und wie viel Druck auf Arbeitsfähige dafür überhaupt noch aufgebaut werden soll.

Auch die Kindergrundsicherung, eines der ambitioniertesten und sicher auch anspruchsvollsten sozialpolitischen Reformvorhaben der neuen Bundesregierung, wird die Bundesagentur und ihre künftige Chefin beschäftigen. Sie soll bisherige Unterstützungsleistungen für Kinder bündeln – macht, erwarten Expertinnen und Experten, das Leistungssystem als solches aber nicht unbedingt weniger komplex.

Denn wird herausgelöst, was gezielt Kindern zustehen soll, muss dies mit anderen Sozialleistungen abgestimmt werden, „etwa im Hinblick auf die Anrechnung von Erwerbseinkommen oder die Erstattung der Wohnkosten“, erläutert Kerstin Bruckmeier, Leiterin der Forschungsgruppe Grundsicherungsbezug und Arbeitsmarkt des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Simulationen zu den Auswirkungen erhöhter Kindertransferleistungen legten zudem nahe, dass mittelfristig mit einem Rückgang des Arbeitsangebots der Eltern zu rechnen ist. Die Herausforderung dürfte sein, „gleichzeitig die Arbeitsmarktintegration von Eltern nicht durch fehlende Anreize zu mindern“, sagt Bruckmeier. Auch das betrifft die Arbeit der BA.

4. Weiterbildung fokussieren

„Deutschland muss zu einer Weiterbildungsrepublik werden“, lautet ein Credo des Arbeitsministers. Um Arbeitslosigkeit zu verhindern, bevor sie entstehe, wolle er die Bundesagentur für Arbeit in eine Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung weiterentwickeln, auch das wiederholt Heil gern.

Nun ist das Thema Weiterbildung für die BA kein neues, seine Bedeutung wird in den kommenden Jahren aber zunehmen. Heil will ein Weiterbildungsjahr einführen, während dessen der Staat den Lebensunterhalt über eine Leistung sichert, vergleichbar mit dem Arbeitslosengeld. Vorbild für das Instrument ist Österreich, wo der Staat Weiterbildungsmaßnahmen mit der sogenannten Bildungskarenz fördert.

Schon 2023 soll das auch in Deutschland möglich sein. Dann müssten, nimmt sich die Bundesregierung die Erfahrungen aus dem Nachbarland wirklich zu Herzen, Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen Bildungsvorhaben bewerten und gegebenenfalls mit Interessenten anpassen.

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Als Teil der Reform zum Bürgergeld will die Bundesregierung zudem den Vermittlungsvorrang abschaffen. Wer Grundsicherung bezieht, soll so nicht mehr unbedingt in eine – vielleicht nur eingeschränkt passende – Beschäftigung oder Ausbildung vermittelt werden, stattdessen sollen Weiterbildung und Qualifizierung gestärkt werden. Auch hier kommen also verstärkt Aufgaben auf die BA zu.

Lesen sie auch: Eine exklusive Umfrage zeigt, dass die Bereitschaft der Betriebe, Personal einzustellen, bislang hoch bleibt. Allerdings zeigen sich erste Risse.

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