Die Entscheidung wirkt, als habe Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den Neuanfang geschafft. Die Ukraine unterschreibt einen Vertrag mit der Rüstungsfirma Rheinmetall: Und bekommt endlich Munition für den beinahe leergeschossenen Flugabwehrpanzer Gepard. Dabei gleicht der Deal eher dem Ende eines ersten Marathonabschnitts. Die müden Läufer sind schon froh, überhaupt so weit gekommen zu sein. Das Ziel aber bleibt in weiter Ferne: eine international abgestimmte Munitionsstrategie.
Dabei ist seit Ende April 2022 klar, dass der Gepard neue Ladung braucht. Trotzdem agierte die Bundesregierung lange so, als stünde das Kriegsende kurz bevor. Man schien überrascht, den Panzer tatsächlich liefern zu müssen, noch überraschter, dass er auch noch einen Unterschied machte. Am überraschtesten war man dann wohl, als die Schweiz ihre Munitionsbestände nicht außer Landes ließ.
Trotzdem lief die Bestellung neuer Geschosse in Deutschland schleppend. Den Schuldigen dafür nur in Berlin zu suchen, greift dabei wohl zu kurz. So hieß es in Regierungskreisen gegenüber der WirtschaftsWoche, dass vor allem Rheinmetall selbst maßgeblich zu den Verzögerungen beigetragen habe. Das Düsseldorfer Unternehmen hielt offenbar an einem Patent für die spezielle Flugabwehr-Munition des Gepards fest und verhinderte so eine schnelle Produktion in Norwegen, wo sich ein Unternehmen bereits angeboten hatte. Das Ergebnis: Erst jetzt entsteht die Fabrik in Niedersachsen. Und die Ukraine erhält die Ware erst im Juli. Dazu wird die Munition deutlich teurer, als es bisher vorgesehen war, so heißt es zumindest in Berlin. "Man muss schon sagen, das war am Ende auch einfach ein ganz schön guter Deal für Rheinmetall", sagt ein Beteiligter. 160 Millionen Euro verdient das Unternehmen an der Gepard-Munition für die Ukraine.
Gleichzeitig beschwert sich auch die Nato aktuell darüber, dass ihr bald die Munition für die Ukraine ausgeht und die Industrie zu lange brauche, um neue herzustellen. Tatsächlich liegen die Lieferzeiten gerade bei 28 Monaten. Nur gemeinsame Planung kann solche Engpässe verkleinern. Stattdessen aber scheinen alle Stakeholder aktuell geschlossen strategielos zu sein.
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