Rüstungsvorhaben Mehr Geld wird die Bundeswehr-Probleme nicht lösen

Bundeswehr: Höheres Budget allein wird die Probleme nicht lösen Quelle: dpa

Verteidigungsministerin von der Leyen präsentiert eine Wunschliste für Rüstungsprojekte und pocht auf ein höheres Budget. Das grundsätzliche Problem ist nach Ansicht eines Experten aber kein finanzielles.  

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Der Zustand der Bundeswehr lässt zu wünschen übrig, daran besteht kein Zweifel, wie der jüngste Rüstungsbericht offenbart. Insofern kann es nicht überraschen, dass die alte und neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen teure Wünsche zur Verbesserung bei Ausrüstung und Bewaffnung anmeldet. Eine Liste der vom Verteidigungsministerium gewünschten 18 Großbestellungen von jeweils mehr als 25 Millionen Euro Umfang, über die das Handelsblatt berichtet, ist laut Angaben des Verteidigungsministeriums schon im Februar dem Bundestag zugegangen.

Die Liste ist nicht vollständig, sondern umfasst nur größere Aufträge, für die der Bundestag zustimmungspflichtig ist und für die neue Vertragsabschlüsse mit Rüstungsunternehmen nötig sind. Die Umsetzung werde „ganz wesentlich davon abhängen, wann und mit welcher Finanzausstattung das Haushaltsgesetz verkündet wird“, schreiben die Ministerialbeamten laut Darstellung des Handelsblatts.

Einige der Vorhaben sind schon länger bekannt, wurden aber in der vorangegangenen Legislaturperiode nicht umgesetzt. Konkrete Projekte sind unter anderem neue Raketenwerfer, Rettungshubschrauber und Transportflugzeuge. Die Bestellliste soll auch einen Leasingvertrag für israelische „Heron TP“-Drohnen enthalten. Darauf hatten sich Union und SPD bereits im Koalitionsvertrag verständigt. Darin ist aber auch eine Klausel über deren mögliche Bewaffnung enthalten: „Über die Beschaffung von Bewaffnung wird der Deutsche Bundestag nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung gesondert entscheiden.“ Der Deal war kurz vor Ende der vergangenen Legislaturperiode am Widerstand der SPD gescheitert.
Darüber hinaus sollen für die Bundeswehr unter anderem 18 neue Raketenwerfer (MARS II), sieben Rettungshubschrauber und sechs „Hercules“-Transportflugzeuge vorgesehen sein sowie Gefechtsstände, Fernmeldetechnik für Fregatten und 32 Sattelzugmaschinen für den Transport von Waffensystemen. Hinzu kommen Verbesserungsvorhaben für den Schützenpanzer Puma und einen Instandhaltungsvertrag für den Hubschrauber NH90. Außerdem geht es um die Verlängerung der Nutzung ukrainischer Antonow-Transportflugzeuge für den Zeitraum 2019 bis 2021.

Der Militärexperte Otfried Nassauer von der Denkfabrik „Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit“ hält die Beschaffungsprobleme der Bundeswehr allerdings im Gegensatz zur Darstellung des Ministeriums nicht nur für eine Frage des Budgets. „Grundsätzlich halte ich es für fraglich, ob man die Ausrüstungs- und Fähigkeitsprobleme der Bundeswehr allein mit mehr Geld lösen kann“, sagt Nassauer. Das strukturelle Problem, dass die Industrie oft zu spät, zu schlecht und zu teuer liefere sei mit Geld nicht zu lösen, sondern nur durch bessere Verträge, die die Position des Staates als Auftraggeber der Rüstungsunternehmen stärkten, indem sie diese zu scharfen Strafen bei Verzögerungen verpflichten.

Von der Rüstungsindustrie gebe es stets nur Versprechen, pünktlicher zu liefern und die vorgegebenen Kosten einzuhalten, aber keine verbindlichen Garantien. „Es gibt in einzelnen Fällen sogar Hinweise darauf, dass die Industrie versucht, eigene Probleme auf den Steuerzahler abzuwälzen. Zum Beispiel im Falle der verlängerten Auslieferungsphase für das Transportflugzeug A440M.“ Für die betreffenden Unternehmen bestehe bei jedem Rüstungsgroßprojekt über mehrere Jahre faktisch eine Garantie, dass der Haushalt die vorgesehenen Mittel enthalten muss. „Wenn eine Firma zivile Kunden und staatliche hat, so wird sie ihre Ressourcen auf die termingerechte Entwicklung für die zivilen Kunden konzentrieren, um dort keine Strafzahlungen leisten zu müssen. Im Militärbereich gibt es dagegen meist eine Preisgleitklausel für den Inflationsausgleich.“ Wenn das Projekt einmal begonnen habe, gebe es für die Streitkräfte als Auftraggeber meist keine Alternative mehr. Solange diese Struktur fortbestehe, so Nassauer, könnten Versuche, die Ausrüstungsprobleme mit mehr Geld zu beheben, scheitern.

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