Der neue Rundfunkbeitrag macht vielen deutschen Städte und Gemeinden finanziell zu schaffen. Als erste deutsche Stadt kündigte Köln am Mittwoch an, die Überweisungen vorläufig einzustellen, weil sie zunächst mit enormem Aufwand ermitteln muss, für was und wen genau sie nach der neuen Regelung wie viel zu zahlen hat. Das sagte eine Stadt-Sprecherin. Einen Zahlungsstopp erwägen die meisten anderen Städte noch nicht. München warte anstehende Gespräche zwischen dem Deutschen Städtetag und den Sendern ab, sagte ein Sprecher.
Frankfurt rechnet nicht mit höheren Rundfunkbeiträgen
Die einzige Stadt, die sich offenbar sicher ist, nicht mehr zahlen zu müssen, als zu GEZ-Zeiten, ist Frankfurt am Main. Eine Erhebung habe ergeben, dass sich für die Mainmetropole nichts ändere. Das gelte zumindest für den Großteil der Ämter und Betriebe, die die Gebühr gemeinsam überwiesen. Ob in der Verwaltung der Stadt Berlin mit ihren zwölf Bezirken und mehr als 100.000 Bediensteten höhere Kosten anfallen, stehe nicht fest, sagte ein Senatskanzlei-Sprecher. Dortmund sagt nichts über Kosten, behält sich aber rechtliche Schritte vor. Dresden hat noch keine Übersicht über die Kosten, Hannover prüft. Für Hamburg sagte ein Sprecher, dass keine wesentlichen Unterschiede wegen des neuen Beitragsmodells entstehen würden.
Städte verweigern die Zahlung nicht per se
Der Deutsche Städtetag stellte nach der Kölner Ankündigung klar: „Die Städte verweigern keineswegs die Zahlung der Rundfunkbeiträge an die GEZ. Und der Deutsche Städtetag droht dies auch in keiner Weise an. Wir haben zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dies mehrere Städte planen. Zutreffend ist, dass die Zahlenbasis für die Zahlung der Rundfunkbeiträge zum Teil in den Städten noch nicht vollständig erhoben werden konnte, weil das neue Berechnungssystem eine Reihe von neuen Faktoren enthält.“ Stefan Gläser, Hauptgeschäftsführer des Städtetags Baden-Württemberg, rechnet mit Kostensteigerungen von 100 bis 400 Prozent für die Kommunen, wie er dem „Südkurier“ sagte.
Rundfunkgebühr für Kindergärten und Mülldeponien
Die Rundfunkgebühr richtete sich bislang nach der Zahl der Empfangsgeräte, jetzt muss jeder Haushalt berappen, unabhängig von der Geräte-Menge. Das trifft die Städte, weil sie über diverse Betriebsstätten verfügen, auch wenn es Kindergärten oder Müllrecycling-Anlagen ohne Fernsehempfang sind. Die Stadt Stuttgart rechnet für das Jahr 2013 mit 150.000 Euro Rundfunkbeitrag, bisher waren es 67.000. Ein Stadtsprecher sagte: „Wir mussten alle 800 Betriebsstätten der Stadt erfassen - diesen Aufwand haben wir nicht gesondert ermittelt.“ Düsseldorf rechnet mit 150.000 Euro statt mit 25.000, Duisburg mit einer Verdopplung auf 100.000, auch Essen mit 117.000 Euro Aufwand.
Öffentlich-Rechtliche setzen auf Dialog
Die wichtigsten Fragen zur neuen Rundfunkabgabe
Sie wird zunächst für jeden Haushalt und Betrieb fällig. Hartz-IV-Empfänger können einen Antrag auf Befreiung stellen. Menschen mit Behinderungen werden mit einem reduzierten Beitrag eingestuft. Bislang richtet sich der zu zahlende Betrag nach den vorhandenen Geräten.
Ab 1.1.2013 kostet die Haushaltsabgabe 17,98 Euro pro Monat. Somit wird es nicht teurer fernzusehen, Radio zu hören oder im Internet zu surfen - zumindest für diejenigen, die schon zahlen.
Ja. Die Gebühr betrifft alle. Verfassungsrechtler haben die Rechtmäßigkeit bereits mehrfach geprüft.
Wer Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder eine Ausbildungsförderung wie Bafög oder Ausbildungsgeld erhält, wird davon befreit - allerdings nur auf Antrag. Blinde oder stark Sehbehinderte, Gehörlose und schwer behinderte Menschen sind künftig nicht mehr grundsätzlich befreit. Sie sollen nunmehr einen ermäßigten Beitrag von einem Drittel der regulären Gebühr zahlen.
Der neue Rundfunkgebühren-Staatsvertrag soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Es ändert sich für bereits zahlende Kunden nichts.
Wer seiner Anzeigepflicht nicht nachkommt oder den fälligen Rundfunkbeitrag länger als sechs Monate nicht oder nur teilweise zahlt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann.
Nein. Die Schnüffelei der GEZ ist nicht mehr nötig. Da jeder zahlen muss, ist es egal, ob jemand Geräte hat oder nicht.
Die Beiträge für Firmen werden künftig pro Betriebsstätte erhoben und nach der Zahl der Mitarbeiter gestaffelt.
Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD, ZDF und Deutschlandradio zeigten Verständnis für die Situation der Kommunen: „Es ist aus unserer Sicht nachvollziehbar, dass bei einer ersten Erhebung der benötigten Angaben für Städte und Kommunen ein erhöhter Aufwand entsteht“, sagte der Justiziar des Südwestrundfunks (SWR), Hermann Eicher. Wie hoch genau die Beitragshöhe bei der jeweiligen Stadt oder Kommune ausfalle, könne erst ermittelt werden, wenn alle Angaben vorliegen. „Sollte es zu nicht vertretbaren finanziellen Mehrbelastungen kommen, sieht das Gesetz vor, diese Fälle zu prüfen und wenn nötig Anpassungen vorzunehmen.“
Unterstützung bekommt der neue Beitrag von der Allianz Deutscher Produzenten. Zwei Drittel des Umsatzes der Branche würden vom öffentlich-rechtlichen System beigesteuert, teilte der Verband, der 200 Firmen vertritt, am Mittwoch mit. „Die Qualitätsprogramme von ARD und ZDF setzen Tag für Tag kulturelle Schwerpunkte, gehören zu den wichtigsten Eckpfeilern der kulturellen Identität Deutschlands und leisten wichtige Beiträge zur Meinungsvielfalt und Demokratie“, hieß es. Mit Sorge werde gesehen, dass die Höhe des Beitrages in der jetzigen Gebührenperiode eingefroren bleibe.
Vorgesehen ist, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio in der neuen Gebührenperiode bis 2016 nicht mehr einnehmen als im Zeitraum davor. Sollte das Beitragsaufkommen jedoch steigen, muss der Beitragszahler, der pro Haushalt jetzt 17,98 Euro aufbringen muss, laut Rundfunkstaatsvertrag entlastet werden.