Russland, Türkei, China, USA Deutsche Exporteure klagen über immer neue Handelshürden

Staaten werden beim Abschotten ihrer Wirtschaften immer erfinderischer, zeigt eine Umfrage der DIHK. Das belastet deutsche Exportunternehmen.

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Deutsche Exporteure klagen über immer neue Handelshürden Quelle: dpa

Berlin Das moderne Handelshemmnis kommt meist nicht als Zoll, sondern in Form eines Zertifikates daher. Saudi-Arabien etwa verlangt seit neuestem den Nachweis über die biologische Abbaubarkeit von Kunststoffen.

Nur reicht da keinesfalls ein Zertifikat über die Unbedenklichkeit des gelieferten Haushaltsgerätes. Für die Plastikfolie der Verpackung wird ein Extra-Zertifikat fällig.

Andere Staaten, wie Äthiopien, haben plötzlich Sicherheitsbedenken gegen zuvor unproblematisch eingeführte Waren. Und  Ägypten will neuerdings, dass sich Exporteure registrieren. Russland wiederum verlangt immer mehr lokal produzierte Anteile an Importprodukten. „Buy American“ – den Slogan setzen die USA immer stärker um, und Russland macht’s mit „Buy Russian“ nach.

Bald jedes zweite deutsche Exportunternehmen hat in jüngster Zeit derartige Erfahrungen gemacht: 40 Prozent der vom DIHK befragten 2100 deutschen Exporteure berichteten über neu geschaffene Handelshemmnisse. Das sind so viele wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr, heißt es in der diesjährigen Auswertung der bundesweiten IHK-Umfrage „Going International“.  

„Immer mehr Staaten wollen sich abschotten, das bereitet mir große Sorge“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer bei der Veröffentlichung der Umfrageergebnisse am Freitag. „Denn so langweilig es klingen mag, offene Märkte sind die Grundlage unseres wirtschaftlichen Erfolgs“, so Schweitzer. Jeder vierte Arbeitsplatz hierzulande hänge am Export, in der Industrie sogar jeder zweite.

Am konsequentesten hat Russland seine Grenzen hochgezogen. 62 Prozent der Unternehmer klagten darüber. Konsequent betreibe der Kreml eine Politik, Importe durch heimische Produkte zu ersetzen oder lokale Produktionsquoten vorzugeben. Das, was dann noch importiert werden darf, muss wachsende Zertifizierungshürden überwinden.

An zweiter Stelle der Protektionisten hinter Russland stehen die Staaten des Nahen Ostens und Nordafrikas. An ihren Grenzen mussten 54 Prozent der deutschen Exportunternehmen erst einmal mit Einfuhrbürokratie kämpfen.

Auch die Türkei igelt sich ein. Sie fordert neben der üblichen zollamtlichen Freihandelsverkehrsbescheinigung seit neuestem die Vorlage eins IHK-Ursprungszeugnisses: Wenn die in der EU bereits verzollte Ware ursprünglich zum Beispiel aus Vietnam kam, erhebt die Türkei einen Zusatzzoll von 35 Prozent.

In China erlebten 47 Prozent der Exporteure ebenfalls an den Grenzen Schikanen. „Verzögerungen bei der Wareneinfuhr und bei den Produktzulassungen, aber auch Vorgaben zum Technologietransfer stellen eine steigende Bedeutung im China-Geschäft dar“, heißt es in dem Bericht.

Die Umfragedaten stammen aus der Zeit vor den Strafzoll-Androhungen durch US-Präsident Donald Trump. Gleichwohl klagte ein Drittel der Unternehmen bereits über neue Handelsbarrieren in den USA.

Umso mehr ist DIHK-Präsident Schweitzer nun in Sorge. „Donald Trump gefährdet eine überaus erfolgreiche Entwicklung. Mit Hilfe globaler Regeln und Abkommen wurde in den letzten Jahrzehnten unter großen Mühen erreicht, Handelshürden abzubauen und damit die Chancen der internationalen Arbeitsteilung zu nutzen“, sagte er.

Er fürchtet nun, dass das klassische Handelshemmnis, der Zoll, eine unglückselige Renaissance erleben wird. Da die Welthandelsorganisation geschwächt sei, könnten andere Länder zur Nachahmung ermutigt werden, heißt es in der Auswertung der Umfrage. Der DIHK rechnet als Folge mit einer Abwärtsspirale zu Lasten des Welthandels.   

Entspannt handeln lässt sich aktuell offenbar nur noch in Europa, dank EU-Binnenmarkt und guter Konjunktur. Als Bedrohung nehmen die deutschen Exporteure aber schon jetzt den Brexit wahr. „Eine erhebliche Einschränkung des Handels mit Großbritannien wird die Folge sein“, erwartet der DIHK.

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