Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Die Vorzeige-Liberale will es noch mal wissen

Die Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger möchte sich zur Generalsekretärin des Europarates wählen lassen. Sie will Europas „menschenrechtliches Gewissen“ werden. Gelingt ihr ein Comeback?

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Kämpferisch: Die Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will Generalsekretärin des Europarates werden Quelle: dpa

Düsseldorf Manche nennen sie auch Jeanne d’Arc. Als derart willensstark wird die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in ihrem eigenen politischen Lager wahrgenommen, dass es ihr irgendwann den Namen der französischen Nationalheldin einbrachte. Was freilich nicht bedeuten soll, dass sie als Märtyrerin in die Geschichte eingehen will.

Nach der Niederlage der FDP bei der vergangenen Bundestagswahl war es eine Weile lang still um die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Nicht nur verlor sie ihr Ministeramt. Sie flog – ebenso wie die restliche FDP-Fraktion – aus dem Bundestag. Im November 2013 war dann auch ihre Zeit als Landesvorsitzende der Liberalen in Bayern besiegelt. Doch jetzt will es die Kämpferin für Bürger- und Menschenrechte noch ein Mal wissen. Was ihrer Karriere noch fehlt ist ein Spitzenamt auf europäischer Ebene. Die Bundesjustizministerin a.D. möchte sich am Dienstag zur Generalsekretärin des Europarates wählen lassen.

Der Europarat wurde 1949 von zehn europäischen Ländern gegründet, mit dem Ziel Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu fördern. Die Organe des Europarates, wozu auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gehört, werden von einem permanenten Sekretariat, an dessen Spitze der Generalsekretär steht, unterstützt.

Seit Januar reist die 62-Jährige kreuz und quer durch Europa – unter anderem war sie in Russland, Rumänien, Italien, in der Ukraine und in Aserbaidschan – um für sich zu werben. Leutheusser-Schnarrenberger war bereits von 2004 bis 2009 Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und damals Mitglied im Ausschuss für Rechte und Menschenrechte. Wie sie daher ihre zukünftige Aufgabe sehen würde, ist klar. „Der Generalsekretär muss Missstände und Verletzungen der Menschenrechte klar benennen“, sagt Leutheusser-Schnarrenberger Handelsblatt Online. „Er kann den Europarat zum menschenrechtlichen Gewissen machen.“


Das hat Merkel ihrer Kollegin nie vergessen

Bereits unter der schwarz-gelben Regierung unter Helmut Kohl war sie von 1992 bis 1996 Bundesjustizministerin. Als sie aus Protest vor dem „großen Lauschangriff“ 1996 von ihrem Amt zurücktrat, brachte ihr das enormen Respekt aus der Bevölkerung. Später kassierte das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung der Kohl-Regierung zum Einsatz des „großen Lauschangriffs“ dann sowieso wieder ein.

Leutheusser-Schnarrenberger wird auch für ihren Einsatz für Menschen- und Bürgerrechte geschätzt und genießt laut Umfragen innerhalb der Bevölkerung hohe Beliebtheitswerte. Sie gehört dem linksliberalen Flügel der FDP und dem sogenannten Freiburger Kreis an, dessen Einfluss nach Ende der sozialliberalen Koalition in den 1980ern aber zusehends zurückging. Die aus Ostwestfalen stammende Politikerin startete ihre politische Karriere 1978, als sie der FDP beitrat. 1990 zog die Juristin in den Bundestag ein und war bis 2013 ununterbrochen Mitglied der Volksvertretung. Seit 1991 gehört sie außerdem dem Bundesvorstand der FDP an. Zwischen 2000 und 2013 führte sie die Bayern-FDP.

Mit dem norwegischen Amtsinhaber Thorbjørn Jagland steht ihr eine harte Konkurrenz entgegen. Sie muss den international gut vernetzten Norweger schlagen. Das Rennen gilt als offen. Das Abstimmungsergebnis soll um 18 Uhr bekannt gegeben werden.

Die Liberale hat bis dahin noch ein Ass im Ärmel: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt ihre Kandidatur. Als die FDP bei der Bundestagswahl von den Wählern in die Wüste geschickt wurde, machte die Kanzlerin für ihre ehemaligen liberalen Minister keinen Finger krumm. Mit einer Ausnahme: Die Kandidatur von Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für den Posten des Generalsekretärs beim Europarat sieht Angela Merkel wohlwollend.

Die beiden Frauen saßen schon zu Bonner Zeiten gemeinsam im Kabinett von Helmut Kohl. Als der CDU-Kanzler in einer Sitzung die Umweltministerin Merkel einmal deutlich kritisierte, meldete sich Leutheusser zu Wort und bremste Kohl. Das habe Merkel ihrer Kollegin nie vergessen, wird in ihrem Umfeld erzählt.

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