Sahra Wagenknecht „Hilfsgelder für die Ukraine stoppen“

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Wettbewerbsfähigkeit und Exportwirtschaft

Was der deutschen Wirtschaft Mut und Angst macht
Konsum Quelle: dpa
Investitionen Quelle: dpa
Angstmacher: EurokriseSie hat sich dank dem Einschreiten der Europäischen Zentralbank (EZB) merklich beruhigt. Seit ihr Chef Mario Draghi Ende 2012 den unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder angekündigt hat, hat nach Ansicht der Finanzmärkte die Gefahr einer Staatspleite in Spanien und Italien deutlich abgenommen. Doch die Ruhe könnte sich als trügerisch erweisen. So reagieren die Börsianer zunehmend nervös auf die Umfrageerfolge von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der bei der Parlamentswahl kommende Woche in Italien wieder kandidiert. Berlusconi will viele Reformen seines Nachfolgers Mario Monti wieder zurücknehmen und beispielsweise die Immobiliensteuer wieder abschaffen. Quelle: REUTERS
Angstmacher: Euro-StärkeDie Gemeinschaftswährung steht unter Aufwertungsdruck. Seitdem die japanische Notenbank ihre Geldschleusen geöffnet hat, ist der Euro um 20 Prozent im Verglich zum Yen gestiegen. Dort sitzen einige der größten Konkurrenten der deutschen Exporteure, darunter Autokonzerne wie Toyota und viele Maschinenbauer. Sie können ihre Produkte dank der Yen-Abwertung billiger anbieten. Quelle: dpa
Auch im Vergleich zu anderen Währungen ist der Euro teurer geworden. Experten warnen bereits vor einem Abwertungswettlauf. Noch können die deutschen Exporteure mit dem Wechselkurs gut leben. Die größere Sorge ist, dass weniger konkurrenzfähige Euro-Länder wie Frankreich oder Italien darunter leiden. Das würde am Ende auch Deutschland treffen, das fast 40 Prozent seiner Waren in die Währungsunion verkauft. Quelle: dpa

Das Bruttoinlandsprodukt wächst seit Jahren, die Exportwirtschaft feiert Rekorde…

Langsam! In den letzten zwei Jahren hatten wir 0,4 und 0,7 Prozent Wirtschaftswachstum. Da stand Deutschland früher sehr viel besser da. Und selbst dieses Mini-Wachstum hätte es ohne die hohen Exportüberschüsse nicht gegeben. Aber diesen Überschüssen steht die wachsende Verschuldung anderer Länder gegenüber. Das ist keine nachhaltige Lösung.

 

Aber man kann doch die deutsche Wettbewerbsfähigkeit nicht allein in den europäischen Kontext stellen. Deutschland konkurriert mit der Welt… Deutschland hatte schon immer eine starke Exportwirtschaft. Früher beruhte das allerdings vor allem auf hohen Qualitätsstandards. „Made in Germany“ war gefragt, nicht weil es billig, sondern weil es gut war. In den letzten Jahren haben viele Unternehmen Leiharbeit, Werkverträge und Mini-Jobs genutzt, um ihre Lohnkosten zu drücken. In der Metall- und Elektroindustrie ist bereits jeder dritte Job ein Leiharbeiter oder Werkverträgler.

 

Auch heute exportieren deutsche Unternehmen ihre Produkte wegen ihrer Qualität.

Das gilt für viele Mittelständler, etwa im Maschinenbau. Aber es gibt eben auch Unternehmen, die sich auf den Lohnkostenvorteilen ausruhen. Das zeigen ja die niedrigen Investitionen. Eine Netto-Investitionsquote von 2,5 Prozent ist jämmerlich. Wenn sich da nichts tut, werden wir in Zukunft verlieren. Die relativ hohen Löhne und die Aufwertung der D-Mark waren früher auch ein ständiger Druck auf die Unternehmen, in Forschung und Entwicklung zu investieren und Innovationen voran zu treiben.

 

Gleiches gilt für das Ausland. Die Unternehmen müssten nach Ihrer Theorie bestrebt sein, bessere Produkte herzustellen. Ich habe nichts dagegen, wenn italienische oder griechische Unternehmen produktiver werden. Sie sollten nur nicht versuchen, das deutsche Lohndumping nachzuahmen, und genau das geschieht. Man muss auch sehen, wie sich die Zusammensetzung des deutschen Exports verändert hat. Früher waren es Maschinen und Autos. Seit einigen Jahren exportieren wir auch arbeitsintensive Produkte wie Erdbeeren und Billigfleisch. Viele Landwirte in Frankreich haben dicht gemacht. Hier könnten die Franzosen nur „wettbewerbsfähig“ werden, wenn sie ihren Mindestlohn von 9,53 Euro pro Stunde absenken. So ein Europa will ich nicht.

 

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