Sauberer Nahverkehr Warum Paderborn Vorbild für Deutschland ist

PaderSprinter Quelle: Presse

Der Padersprinter ist ein Busunternehmen in der ostwestfälischen Provinz. Und er zeigt, wie Städte ihren Nahverkehr sauber kriegen: mit Eigeninitiative und der richtigen Technik. Das rechnet sich sogar ökonomisch.

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Peter Bronnenberg ist eher ein gemütlicher Typ. Er liebt das Essen und die Geselligkeit. Doch wenn es um den Schadstoffausstoß von Bussen und Autos geht, kann er aus der Haut fahren. Die Konzerne sollten „ihre kriminellen Machenschaften selbst ausbaden“, sagt der Chef des Nahverkehrsunternehmens Padersprinter, das jeden Tag rund 52.000 Menschen durch das ostwestfälische Paderborn chauffiert. Die Unternehmen „müssten in die Pflicht genommen werden.“ Es gehe ihm um die Nachrüstung von Abgasreinigungen. Doch die Politik versage „komplett“.

Bronnenberg ist ökologischer Überzeugungstäter, ein Vorbild für die gesamte Nahverkehrsbranche. Er war der erste, der seinen Fahrzeugen Partikelfilter verpasste und mit Technik zur Reduzierung von Stickoxiden ausrüstete. Weil alte Diesel-Motoren zu viel Stickoxid in die Luft blasen, baute er nun bei 30 Stinkern eine Abgasreinigung ein. Die Ergebnisse sind phänomenal: Wissenschaftler testieren ihm, dass Paderborn die derzeit saubersten Busse der Welt hat. „Was aus dem Auspuff des Busses kam, war sauberer als die Umgebungsluft“, sagte Ralph Pütz, Professor und Spezialist für Nutzfahrzeugforschung und Abgasanalytik an der Hochschule Landshut. „Die Ergebnisse haben selbst uns überrascht“, sagt Bronnenberg, „weil es alles übertroffen hat, was bisher bekannt war“.

Paderborn ist nun die Blaupause für einen öffentlich finanzierten Nahverkehr, der sauber und ökologisch unterwegs ist. Der Padersprinter-Chef setzt auf Hardware statt Software-Updates. Die sind teurer, aber effektiver. Einen wie Bronnenberg ärgert es, wenn die Autoindustrie argumentiert, dass die Abgasreinigungstechnik nicht effektiv genug sei. „Besonders bitter finde ich die Aussagen der Vorstandsvorsitzenden, dass Nachrüstung nicht geht“, sagt Bronnenberg. „Damit stellen sie tausenden von Topingenieuren ein Armutszeugnis aus.“

Zugegeben: Busse haben viel Platz im Motorraum, viel mehr als in einem Auto. Doch auch den muss man erst einmal nutzen. Bronnenberg hat dies auf Eigeninitiative bei der Hälfte seiner Busflotte getan – aus ökologischen Erwägungen, aber auch aus wirtschaftlichem Kalkül. Pro Fahrzeug kostet die Umrüstung rund 20.000 Euro. Das macht bei 30 Bussen eine Investition von 600.000 Euro.

Nicht wenig für kleines Nahverkehrsunternehmen. Umweltschutz hat eben seinen Preis. Doch im Vergleich dazu ist Nachrüstung günstiger als andere Varianten. Der Padersprinter-Chef hat mehrere Szenarien durchrechnen lassen: den Kauf neuer Euro-6-Busse, die Bestellung von Elektrobussen und eben die Nachrüstung der existierenden Flotte. Zwar verbrauchen die mit dem Katalysator ausgerüsteten Busse anschließend knapp ein Prozent mehr Diesel. Aber das hielt das Unternehmen für mehr als vertretbar. Schließlich kostet ein neuer Bus in der saubersten Schadstoffklasse 410.000 Euro. Damit wären anderthalb neue Busse so teuer wie die Nachrüstung von 30 Fahrzeugen.

Elektrobusse sind für Bronnenberg derzeit noch keine Alternative. Zwar würden die gar keinen Stickoxid ausstoßen im Vergleich zu 0,1 Gramm pro Kilometer bei seiner umgerüsteten Variante. Doch auf E-Busse müsste er derzeit mindestens 18 Monate lang warten. Zudem gibt es nur wenige Hersteller, die E-Busse anbieten. Solaris in Polen etwa führt gerade die gesamte deutsche Branche vor. Die Umrüstung herkömmlicher Busse gelingt hingegen in vier bis sechs Wochen pro Fahrzeug. Außerdem würden 30 E-Busse knapp 30 Millionen Euro kosten und weitere Investitionen wie Ladestationen nach sich ziehen.

Bronnenberg ist derzeit ein gefragter Mann. Seitdem das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Fahrverbote in Innenstädten grundsätzlich erlaubt hat, muss der Padersprinter-Chef Rede und Antwort stehen. Das Urteil setzt nämlich auch die Nahverkehrsunternehmen unter Druck. Derzeit sind noch rund 18.000 Fahrzeuge mit Euro-5- oder älteren Dieselmotoren im Einsatz. Nimmt man den Padersprinter zum Vorbild, würde die Umrüstung bundesweit rund 360 Millionen Euro kosten – gerade mal ein Drittel dessen, was die Bundesregierung über einen Fonds für saubere Luft investieren will.

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