Schäubles Haushaltsplan Null, Null, Null und Null

Schäuble will im Wahljahr 2017 auf neue Schulden verzichten. Eine schwarze Null steht auch in seinem Finanzplan bis 2020. Doch schon am Donnerstag könnte die Kanzlerin bei einem Spitzentreffen seine Pläne durchkreuzen.

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Das Bundeskabinett will „ein Signal der Verlässlichkeit senden“: Die Regierung soll 2017, 2018, 2019 und 2020 ohne neue Schulden auskommen. Quelle: dpa

Berlin Wenn die Bundesregierung am kommenden Mittwoch den Etat für 2017 im Kabinett beschließt, will sie „ein Signal der Verlässlichkeit senden“, wie aus dem Bundesfinanzministerium verlautete: Die schwarze Null, der Etat ohne neue Schulden, den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erstmals 2014 erreichte, soll in jedem der Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020 gehalten werden.

Null, null, null und null steht im Plan für jedes dieser Jahre unter dem Strich in der Spalte Neuverschuldung. Obwohl die Ausgaben 2017 gegenüber 2016 um zwölf Milliarden Euro auf 328,7 Milliarden Euro und bis 2020 auf 349,3 Milliarden Euro steigen sollen. Und obwohl vor allem für Innere Sicherheit, Verteidigung, Flüchtlingsintegration und Fluchtursachenbekämpfung der Bund in den Jahren bis 2020 insgesamt 77 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben will.

Weil das Wahljahr naht, sieht der Koalitionspartner SPD das gemeinsam beschlossene Zahlenwerk nicht gar so positiv wie Schäubles Leute. „Ein Schwachpunkt des Entwurfes ist, dass es Finanzminister Schäuble nicht gelungen ist, sich mit den Ländern über Flüchtlingskosten und andere Fragen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu einigen“, sagte SPD-Haushälter Johannes Kahrs, und: „Deshalb bleibt der Entwurf an wichtigen Stellen unvollständig.“

Tatsächlich dürfte sich schon in den Tagen nach dem Kabinettsbeschluss Nachbesserungsbedarf ergeben: Am Donnerstag verhandelt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den 16 Ministerpräsidenten über die endgültige Verteilung der Flüchtlingskosten. Jene drei Milliarden Euro, die Schäuble zuletzt zusätzlich angeboten hat, reichen den Ländern nicht. Da es bei dem Treffen am Tag vor der letzten Bundesratssitzung vor der Sommerpause auch darum geht, möglichst viele Streitthemen abzuräumen – von Erbschaftsteuer bis Bund-Länder-Finanzverteilung –, bleibt Schäubles Null bedroht.

Bis dann der Etat im November vom Bundestag endgültig als Gesetz beschlossen wird, könnten weitere Milliardenausgaben auf ihn zurollen: Die Abgeordneten im Verteidigungsausschuss wollen mehr Geld für die Modernisierung der Bundeswehr und ihres Geräteparks durchsetzen. Angesichts neuer Aufgaben, für mehr Sicherheit gemeinsam mit anderen Europäern im Nahen Osten zu sorgen, stehen ihre Chancen gut, dies durchzusetzen.


Die gute Konjunktur und Niedrigzinsen helfen

„Das Versprechen Schäubles, den Verteidigungsetat vor allem in den Jahren 2019 und 2020 aufzustocken, ist angesichts der Bundestagswahl 2017 wenig wert“, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold dem Handelsblatt. Die Erhöhung für 2017 um 1,7 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr reiche für die Pläne von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht aus. Im Finanzministerium wurde dagegen darauf verwiesen, dass der Etat ja vom gesamten Kabinett getragen würde, auch von der Verteidigungsministerin.
Auch für die Innere Sicherheit will die SPD mehr Geld: „Wir werden uns genau anschauen, ob wir beim Personal noch eine Schippe drauflegen müssen. De Maizière’s Idee einer Hilfspolizei gehört jedenfalls in die Tonne“, sagte Kahrs.

Dass Schäuble im Vergleich zu früheren Jahren eine gewisse Großzügigkeit erkennen lässt, zeigt die Erhöhung der Gesamtausgaben um 3,2 Milliarden Euro gegenüber den ersten Eckwerten vom März. Deutlich wird in seinem Zahlenwerk auch, dass die Bundesregierung seit Amtsantritt 2013 neue Schwerpunkte gesetzt hat: Die Ausgaben für Innere und Äußere Sicherheit steigen um 13 Prozent auf 41 Milliarden Euro, die für die Bekämpfung der Fluchtursachen durch mehr Entwicklungsgelder für die wichtigsten Transit- und Herkunftsländer der Flüchtlinge um 31 Prozent auf 13 Milliarden Euro.

Vehement weist das Finanzministerium auch Vorwürfe zurück, Deutschland würde zu wenig investieren: Die Ausgaben dafür wuchsen um 34 Prozent auf 33 Milliarden Euro. Der Engpass liege nicht beim Geld, sondern bei baureifen Straßen- und Schienenprojekten, hieß es aus dem Ministerium.

Beim Erreichen und Halten der schwarzen Null helfen natürlich auch die durchgängig gute Konjunktur seit 2010 und die Niedrigzinsen: Bei den Zinskosten kalkuliert Schäuble den Etat 2017 mit Ausgaben von 20 Milliarden Euro; das ist nur noch halb so viel, wie zu Zeiten der Finanzkrise erwartet wurde. Weil es in dieser Lage für die Koalition ohne allzu große Anstrengungen möglich war, die Staatsausgaben unter dem Anstieg des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu halten, sinkt auch die Schuldenlast des Staates: 2020 soll sie wieder unter 60 Prozent des BIP liegen, dem Grenzwert des Maastricht-Vertrages.

Käme es allerdings zu einer Abkühlung der Konjunktur und einer Zinswende, wird es für Schäubles Nachfolger schwierig, die Null zu halten: Die Sozialausgaben würden bei höhere Arbeitslosigkeit schnell steigen. Dann dürfte es sich rächen, dass dank Mütterrente und Rente mit 63 die Sozialabgabenquote im Haushalt seit 2013 nicht gesunken ist, sondern bei 55 Prozent stagniert.

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