Schlappe für Petry AfD will Spitzenteam für Bundestagswahl

Die Mehrheit der AfD-Mitglieder hat sich für ein Spitzenteam statt einer Solo-Kandidatur für die Bundestagswahl ausgesprochen. Das missfällt Chefin Petry. An den Wahlchancen ändert das allerdings nichts.

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Die AfD-Chefin wollte ursprünglich als alleinige Spitzenkandidatin ins Rennen um die Bundestagswahl gehen. Quelle: AP

Berlin Die AfD zieht mit einem Spitzenteam in den Bundestagswahlkampf. Parteichefin Frauke Petry musste damit am Mittwoch eine Schlappe einstecken und auf eine mögliche alleinige Spitzenkandidatur verzichten. Zuvor war bekannt geworden, dass sich in einer Online-Umfrage unter Parteimitgliedern 54 Prozent der Teilnehmer für ein Team aus mehreren Spitzenkandidaten aussprachen. Von rund 9000 Befragten stimmten 46 Prozent dafür, mit nur einem einzigen Spitzenkandidaten in den Bundestagswahlkampf im September zu ziehen. Am Abend erklärte Petry: „Die Mitglieder der AfD haben auf demokratische Weise entschieden, dass die Partei mit einem Spitzenteam in die Bundestagswahl zieht.“

Noch vor zwei Wochen hatte die Parteichefin im Magazin „Focus“ erklärt, Mehrfachspitzen seien wenig vorteilhaft. Petry, die als Gesicht der Partei gilt, wurde nachgesagt, eine alleinige Spitzenkandidatur anzustreben. Nun sagte sie, die AfD sei insgesamt ein starkes Team, was im Wahlkampf erneut bewiesen werde. Sie warnte jedoch: „Ein Bild à la SPD-Troika gilt es dabei für die AfD zu vermeiden.“ Im Bundestagswahlkampf 1994 bot die SPD mit den konkurrierenden Politikern Rudolf Scharping, Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine das Bild einer zerrissenen Partei und verdarb sich die ursprünglich guten Wahlchancen.

In Parteikreisen hieß es, das Votum stelle zwar keine Entscheidung dar, habe aber einen empfehlenden Charakter für den im April geplanten Parteitag in Köln. In der Befragung habe sich eine große Mehrheit dafür ausgesprochen, das Wahlkampfteam durch eine Mitgliederbefragung bestätigen zu lassen, hieß es weiter.

Im Bundesvorstand gilt Petry als isoliert. Zu ihren Gegnern in dem Gremium zählen unter anderem der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen und die Landeschefs in Brandenburg und Sachsen-Anhalt, Alexander Gauland und Andre Poggenburg. Gauland hat sich wie andere führende Parteimitglieder für ein Spitzenteam bei der Bundestagswahl im September ausgesprochen.


Entscheidung auf dem Kölner Parteitag

Zu den Gegnern Petrys zählt auch der wegen völkisch-nationaler Äußerungen kritisierte Thüringer AfD-Chef Björn Höcke. Petry und ihre Unterstützer waren zuletzt mit dem Vorhaben gescheitert, Höcke aus der Partei auszuschließen. Die Konflikte in der Partei entzünden sich kaum an inhaltlichen Positionen, sondern an Fragen der Machtverteilung.

Das letzte Wort bei der Aufstellung für die Bundestagswahl hat der Kölner Parteitag. Die Mehrheitsverhältnisse unter den Delegierten in dieser Frage sind jedoch auch für führende AfD-Funktionäre schwer einzuschätzen.

Nach Ansicht des Chefs des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, spielt die Wahlkampf-Spitze für die Wahlchancen keine Rolle. Bei der AfD sei es eigentlich egal, ob sie mit einem oder 20 Kandidaten antrete, sagte er Reuters. „Das ist ja eine Art Wertegemeinschaft.“ Das Verbindende sei im Wesentlichen ein rechtsradikales Weltbild, einzelne Personen spielten dabei eine untergeordnete Rolle.

Gefährlich werden könnten der Partei mittelfristig die Machtkämpfe, die nicht nur in der Bundesspitze, sondern auch in den Landesverbänden ausgefochten werden, sagte Güllner. Das habe man bei früheren rechtsradikalen Bewegungen wie der NPD, den Republikanern oder der DVU gesehen. Dort seien nach innerparteilichen Streitereien Zerfallserscheinungen eingetreten. Auch die AfD könne durch den Dauerkrach möglicherweise sehr schnell zerrieben werden.

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