Schuldenbremse Acht Grafiken zeigen, wie es um die Verschuldung Deutschlands steht

Quelle: imago images

Der Internationale Währungsfonds fordert, dass Deutschland die Schuldenbremse lockert. Doch ist das überhaupt notwendig? Diese Grafiken zeigen, wie es um die Verschuldung des Bundes aussieht.

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In den USA ist der Knoten geplatzt: Im Schuldenstreit haben Präsident Joe Biden und der Republikaner Kevin McCarthy einen Durchbruch erzielt. Ein Zahlungsausfall der größten Volkswirtschaft der Welt scheint vorerst abgewendet. Der Zoff um die Schuldenhöhe selbst ist damit aber längst nicht vorbei. Und auch in Deutschland tobt ein Streit um Ausgabendisziplin und die Schuldenbremse – und das nicht erst seit klar ist, dass wir in einer Rezession stecken,

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Befeuert wurde der Streit auch durch den jüngsten Länderbericht des Internationalen Währungsfonds (IWF), der die Bundesregierung zwar zur Sparsamkeit aufruft, gleichzeitig aber fordert, die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zu reformieren. Aktuell darf der Bund neue Schulden in Höhe von 0,35 des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufnehmen. Der IWF rät in seinem Papier, diese Defizitgrenze anzuheben. Deutschland müsse mehr in den Bereichen Bildung, Infrastruktur und Digitalisierung investieren.

Doch wie steht es wirklich um den deutschen Finanzhaushalt? Wie hoch ist der Schuldenberg? Woher kommen die Einnahmen? Und wie sieht die Struktur der Kreditaufnahmen aus? Acht Grafiken geben Aufschluss darüber:

Wie stark ist Deutschland verschuldet?





Im vergangenen Jahr beliefen sich die Schulden auf etwa 2,57 Billionen Euro. Zwar wuchsen die Schulden des Bundes um 97 Milliarden Euro an, doch die Verbindlichkeiten der einzelnen Bundesländer gingen zurück.

Zwischen 2012 und 2019 ging die deutsche Staatsverschuldung deutlich zurück. Nach der Finanz- und Eurokrise nahm die Wirtschaft in Deutschland wieder Fahrt auf – der Staat nahm mehr Geld ein, als er ausgab. Siebenmal in Folge sank die Verschulung, das BIP wuchs und mit den Überschüssen auf allen Ebenen wurden Schulden getilgt.



Mit Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 stiegen die staatlichen Verbindlichkeiten wieder stark an. Die Bundesregierung beschloss mehrere Konjunkturpakete zur Stabilisierung der Wirtschaft. Gut die Hälfte des Defizits ging 2020 auf Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen zurück. Die andere Hälfte nutzte der Staat, um Finanzvermögen auszubauen – überwiegend durch Liquiditätsreserven und Hilfskredite.

Auch im darauffolgenden Jahr stagnierte die Staatsverschuldung auf einem hohen Niveau. Neben den Finanzmitteln für neue Corona-Hilfskredite für Unternehmen zahlte die Bundesrepublik erste größere Darlehen aus vorangegangenen Hilfskrediten zurück. Trotz der hohen Neuverschuldung wuchs die Schuldenquote nur um etwa 0,6 Prozent.



Die Schuldenquote setzt den Schuldenstand in Relation zum BIP. Ein starkes BIP-Wachstum kann den Effekt des Schuldenanstiegs also zu Teilen ausgleichen. 2021 legte das BIP um gut sechs Prozent zu – auch getrieben durch die anziehenden Preisentwicklungen.

2019 lag die Staatsschuldenquote erstmals seit 2002 unter der Maastricht-Referenz von 60 Prozent. Durch die Corona-Pandemie stieg sie zuletzt wieder stärker an. Doch schon seit vergangenem Jahr geht die Schuldenquote wieder zurück – und lag zuletzt bei gut 66,4 Prozent.

Die Europäische Kommission rechnet auch in den kommenden Jahren mit einem Absinken der Schuldenquote in Deutschland. Ein Grund: die steigenden Konjunkturprognosen für die Bundesrepublik – auch, wenn diese nur ein sehr geringes Wirtschaftswachstum signalisieren.

Da Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten einen niedrigen Schuldenstand hat, hat die Bundesrepublik große finanzielle Spielräume, die allerdings nicht ausgenutzt werden, argumentierten die IWF-Ökonomen im Länderbericht.

Ist eine hohe Schuldenquote immer schlecht?

„Die geplanten Erhöhungen der alterungsbedingten Ausgaben und der Verteidigungsausgaben lassen wenig Spielraum für höhere öffentliche Investitionen oder die Deckung anderer Bedürfnisse“, schreiben sie. Gerade deshalb sei es notwendig, die Schuldenbremse zu lockern.

Denn dass eine hohe Schuldenquote nicht unbedingt riskant ist, zeigt sich am Beispiel von Japan. Der Staat weist eine Schuldenquote von rund 260 Prozent auf. Dennoch gilt Japan nicht als zahlungsunfähig. Wenige Auslandsschulden und viele Gläubiger, die selbst aus Japan kommen, sorgen dafür, dass der Staat tragfähig bleibt.



Aufgrund der Corona-Pandemie entstanden für den Bund massive Mehrkosten, die in den kommenden Jahren durch die Aufnahme von großen Kreditsummen gedeckt werden.

2020 und 2021 nutze der Bund Wertpapiere mit geringen Laufzeiten, um den erhöhten Kreditbedarf der Pandemie zu decken. Dementsprechend fällt in den kommenden Jahren die Kreditaufnahme im Vergleich zu vergangenen Jahren höher aus. Grundsätzlich plant der Bund, das ausstehende Volumen der kurz laufenden Wertpapiere in den folgenden Jahren sukzessiv abzubauen.



Mehrkosten durch die Sondervermögen in der Pandemie-Zeit

Dabei nahm der Bund im laufenden Jahr bisher vor allem Wertpapiere mit einer kurzen Laufzeit auf. Knapp 74 Milliarden Euro an unverzinsliche Schatzanweisungen lieh sich der Bund bis Ende April – also auf Geldmarktpapiere mit einer Laufzeit von zwölf Monaten. Sie gelten zu einem der wichtigsten Finanzierungsinstrumente nach den Bundesanleihen.

Rund 60 Prozent des Schuldenportfolios bestehen aus Bundesanleihen. Die unverzinslichen Schatzanweisungen kommen auf ein Volumen von knapp zehn Prozent aller umlaufenden Bundeswertpapier, weisen aber dennoch ein hohes Emissionsvolumen auf.



Neben der Kreditaufnahme spielen auch Steuern eine Rolle im öffentlichen Haushalt. Dabei machen die Steuern den größten Anteil der Einnahmen des Staates aus. Am wichtigsten sind dabei die Umsatz- und die Lohnsteuer. Allerdings teilen Bund, Länder und Gemeinde sich vieles des Steueraufkommens auf.

Die meisten Verbrauchersteuer (wie die Tabaksteuer) fließen hingegen nur in die Kasse des Bundes. Auch die Ertrags-trächtige Energiesteuer wird vom Bund eingezogen.



Zwischen 1992 und 2021 stiegen die Steuereinnahmen von 274 auf 833 Milliarden Euro. Allerdings war das keine stetige Entwicklung. Zuletzt sorgte etwa die Corona-Pandemie für einen stärkeren Einbruch des Steueraufkommens. Ein Grund war der Rückgang der Umsatzsteuer durch die pandemiebedingten Schließungen von Geschäften.

Seitdem steigen die Steuereinnahmen wieder an. Im Vergleich zum Vorjahr kletterte das Steueraufkommen um 7,5 Prozent auf knapp 896 Milliarden Euro. Für das Jahr 2023 prognostiziert der Arbeitskreis Steuerschätzung Steuereinnahmen in Höhe von rund 937,3 Milliarden Euro. Auch in den folgenden Jahren rechnen die Experten mit einem steigenden Steuervolumen.

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Die Einnahmen des Staates sollen in den kommenden Jahren also weiter. Der Staat kann in volle Kasse blicken. Finanzmittel für Investitionen gibt es genügend. Auch deshalb spricht sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gegen die Anhebung der Schulden aus: „Die Schuldenbremse hat sich nicht nur national bewährt, sie ist auch ein Garant für das Vertrauen in die Stabilität deutscher Staatsfinanzen.“

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