Schulz in der Kritik CDU-Wirtschaftsrat warnt SPD vor Linksbündnis

Gedankenspiele der SPD für einen rot-rot-grünen Regierungswechsel sorgen für Unruhe in der Union. Der CDU-Wirtschaftsrat bangt schon um die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland, sollte es zu einem Linksbündnis kommen.

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Die CSU will von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wissen: „Wie hält er es mit den Kommunisten?“ Quelle: dpa

Berlin Überlegungen in der SPD für ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis nach der Bundestagswahl im Herbst stoßen auf scharfe Kritik. „Rot-Rot-Grün stünde für die komplette Rolle rückwärts“, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates der CDU, Wolfgang Steiger, dem Handelsblatt. „Ein Zurückdrehen der Reformen würde Deutschland wieder zum kranken Mann Europas wie vor den Agenda-Reformen machen.“ Bei SPD, Linken und Grünen werde leider nicht verstanden, dass erst wirtschaftlicher Erfolg soziale Sicherheit schaffe. „Unternehmern aber immer mehr bürokratische Lasten und soziale Ansprüche aufzubürden, sorgt für das Gegenteil und würgt die wirtschaftliche Entwicklung ab.“

Steiger äußerte zudem Zweifel an der Wirtschaftskompetenz von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. „Ein Kanzler muss auch Wirtschaft können. Zumindest die beiden von der SPD gestellten Bundeskanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder hatten immer auch die wirtschaftlichen Grundlagen Deutschlands im Blick“, sagte Steiger. „Martin Schulz bleibt Antworten jenseits seiner populären Versprechen schuldig.“ Schulz müsse sich zwar sich nicht als Auto-Kanzler mit einer Cohiba-Zigarre im Mund darstellen, „aber eine Positiv-Botschaft an die erfolgreichen Unternehmer und Führungspersönlichkeiten der Wirtschaft ist dringend nötig“.

Gute Chancen für einen Regierungswechsel zu Rot-Rot-Grün mit dem neuen SPD-Chef Schulz sieht der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch. „Die Chancen, dass es im September für Rot-Rot-Grün reicht, stehen gut. Die Zeit ist reif für einen echten Wechsel“, sagte Miersch dem Handelsblatt. Und er fügte hinzu: „Schulz hat keine Berührungsängste, wenn eine solche Koalition möglich werden sollte.“ Einen „Freifahrtschein“ für Rot-Rot-Grün gebe es aber nicht. Teile der Linkspartei hätten immer noch ein massives Problem mit der SPD. „Das muss sich ändern, wenn wir zusammen regieren wollen.“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach warnte indes davor, die rot-rot-grünen Gedankenspiele der SPD zu unterschätzen. „Mich kann die SPD weder täuschen noch enttäuschen. Denn obwohl die SPD früher immer gesagt hatte, mit der Linkspartei auf Landesebene ja, aber auf Bundesebene nein, habe ich ihr das noch nie geglaubt“, sagte Bosbach dem Handelsblatt. „Wenn es rechnerisch reicht, wird sich die Linkspartei erstaunlich flexibel zeigen um Rot-Rot-Grün zu ermöglichen.“

Der CSU-Vize und EU-Parlamentarier Manfred Weber sieht das Verhältnis von Schulz zur Linkspartei als potenzielle Schwachstelle. „Die große Frage, die Martin Schulz beantworten muss, ist eigentlich: Wie hält er es mit den Kommunisten?“, fragte Weber im Bayerischen Rundfunk. Schulz sei der erste Kanzlerkandidat der SPD, der eine „gemeinsame Sache mit den Linken“ nicht ausschließt. Er müsse entscheiden, „will er Rot-Rot-Grün, Ja oder nein?“


FDP-Vize: „Uns ist die strategische Ausrichtung der SPD egal“

Der FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki zeigte sich unbeeindruckt vom Linkskurs der Sozialdemokraten. „Uns ist die strategische Ausrichtung der SPD egal. Wenn die Sozialdemokraten meinen, hiermit reüssieren zu können, dann sollen sie das tun“, sagte Kubicki dem Handelsblatt. „Eine parlamentarische Mehrheit werden sie allerdings mit dieser Konstellation nicht erhalten.“

Die Linkspartei zeigte sich derweil offen für Rot-Rot-Grün. „Natürlich sind wir bereit, für bessere Lebensbedingungen für alle Menschen auch politische Verantwortung zu tragen“, sagte der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, dem Handelsblatt. Regieren sei aber kein Selbstzweck. „Entscheidend ist, ob die SPD wirklich den Mut hat, die soziale Spaltung zu stoppen und die Umverteilung von unten nach oben endlich umzukehren.“ Halbherzige Schritte genügten da nicht.

„Wir brauchen eine zukunftsfeste Rentenreform, armutsfeste Löhne und Investitionen in Pflege, Gesundheit und Bildung“, forderte der Linken-Chef. Der Gegenwind, den die SPD erwarte, wenn sie Kurs auf soziale Gerechtigkeit nehme und auch halte, werde stark. „Hier erwarte ich von Schulz, dass er nicht einknickt“, sagte Riexinger.

Die Grünen-Spitze bleibt zwar offiziell bei ihrem Kurs, einen eigenständigen Wahlkampf zu führen und auf eine Koalitionsaussage zu verzichten. Doch der Kurs bröckelt. „Die Menschen wollen die Große Koalition nicht mehr — und Rot-Rot-Grün ist die politische Antwort auf diesen Veränderungswunsch“, sagte Peter Meiwald, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, dem Handelsblatt. „Unser Angebot für einen Politikwechsel müssen wir in den kommenden Monaten deutlich machen und uns nicht hinter der bisherigen Ansage aus der Zeit vor Martin Schulz verstecken, wir wollten keine Koalitionsaussage treffen.“

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