Schulz und Gabriel in der Kritik SPD zettelt Streit über Stahlbranche an

Inmitten des Wahlkampfs greifen SPD-Kanzlerkandidat Schulz und Außenminister Gabriel in die Debatte um die Zukunft der Stahlsparte von Thyssen-Krupp ein. Und provozieren damit heftige Kritik bei Union und FDP.

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Tata Steel und Thyssen-Krupp sprechen seit vergangenem Jahr über eine Zusammenführung ihrer europäischen Stahlgeschäfte. Quelle: dpa

Berlin Gibt es Alternativen zu einer Fusion der Thyssen-Krupp-Stahlsparte mit dem indischen Stahlkonzern Tata? Ja, meinen SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. Gabriel forderte gar den größten deutschen Stahlhersteller dazu auf, in einem Strategieausschuss über eine nationale Lösung zu beraten. Inmitten des Bundestagswahlkampfs provoziert Gabriel damit harsche Kritik bei Union und FDP.

„Die SPD ist angesichts der niedrigen Umfragewerte von reiner Verzweiflung getrieben“, sagte der Vize-Chef der Unions-Bundestagfraktion, Michael Fuchs (CDU) dem Handelsblatt (Montagausgabe). FDP-Chef Christian Lindner warf Gabriel und Schulz Wählertäuschung vor, denn an den Wettbewerbsnachteilen könne eine nationale Fusion nichts ändern. „Ich sehe schon Mischstrukturen wie bei VW auf uns zukommen“, sagte Lindner dem Handelsblatt (Montagausgabe). „Die einzige Lösung für die Beschäftigten liegt in einer schnellen Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen.“

Auch Fuchs warf der SPD vor, den Arbeitnehmern etwas vorzumachen, wenn sie eine nationale Lösung ins Spiel bringe. Eine nationale Lösung werde es mit Sicherheit nicht geben, da zu viele Player auf dem Stahlmarkt in Deutschland unterwegs seien, die alle unterschiedliche Interessen hätten. Nicht jede Stahlfirma schreibe Verlust, so Fuchs.

Lindner machte zudem die SPD-Spitze für den Niedergang der deutschen Stahlindustrie verantwortlich. „Die SPD hat in den letzten Jahren eine Energiepolitik betrieben, die genauso ideologisch wie die der Grünen war“, sagte er. „Die Wirtschaftlichkeit der deutschen Stahlindustrie wurde fahrlässig kaputt gemacht“, betonte der FDP-Chef.

Gabriel hatte die Führung von Thyssen-Krupp aufgerufen, sich nicht auf eine Fusion der Stahlsparte mit dem indischen Konkurrenten Tata Steel zu versteifen. „Meine eigentliche Aufforderung an die Unternehmensseite ist, andere Alternativen mal zu beleuchten“, sagte der SPD-Politiker am Freitag nach einem Besuch der IG Metall in Duisburg.

Dies solle nicht öffentlich geschehen, „aber in Strategierunden, von mir aus auch mit dem Staat, mit den Arbeitnehmervertretern.“ Es gebe Alternativen zu einer Fusion mit Tata. „Es gibt nationale, über die man reden kann, es gibt internationale, es gibt im Konzern Alternativen.“


Bitterer Beigeschmack

Tata Steel und Thyssen-Krupp sprechen seit vergangenem Jahr über eine Zusammenführung ihrer europäischen Stahlgeschäfte. Arbeitnehmervertreter und IG Metall laufen Sturm dagegen. Sie befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen und die Schließung von Standorten. Thyssen-Krupp Steel Europe beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiter.

SPD-Chef und Kanzlerkandidat Schulz appellierte an die Stahlmanager von Thyssen-Krupp, Vernunft walten zu lassen. „In Duisburg befindet sich Europas größter Stahlstandort. Diese wichtige Branche darf nicht ähnlich an die Wand gefahren werden, wie es derzeit in der Automobilindustrie der Fall ist“, sagte Schulz der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ vom Donnerstag. Für den SPD-Chef haben die laufenden Verhandlungen einen „bitteren Beigeschmack“, weil Manager Verkaufsgespräche führten, während auf politischer Ebene für den Erhalt des Stahlstandorts Deutschland gekämpft werden.

Gabriel forderte eine Beteiligung der Politik. Er glaube, dass sich Bundes- und Landespolitik an dem Prozess beteiligen müssen. Angesprochen auf die derzeitigen Spekulationen einer deutschen Stahl AG, ein Zusammenschluss der Stahlsparte von Thyssen-Krupp, der Georgsmarienhütte von Stahlunternehmer Jürgen Großmann und der Salzgitter AG sagte Gabriel, „auch das ist eine denkbare Möglichkeit.“ Mehr wolle er aber dazu nicht sagen. „Ich halte nichts davon, sich dazu in der Öffentlichkeit zu äußern.“

Das Handelsblatt hatte am Donnerstag darüber berichtet, dass Großmann auf Drängen von Gewerkschaften und einigen Politikern derzeit hinter den Kulissen eine solche Variante auslote. Der frühere RWE-Chef dementierte auf Anfrage einen solchen Vorstoß. Allerdings bestätigten mehrere Quellen dem Handelsblatt, dass solche Gespräche stattgefunden hatten.

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