Schwarz-Gelb in NRW Armin Laschets schwierige Mission

Der Chefsessel in der Düsseldorfer Staatskanzlei ist Armin Laschet so gut wie sicher. Aber das ist erst die halbe Miete. Im hoch verschuldeten NRW warten verzwickte Probleme auf Lösungen.

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Armin Laschet und Christian Lindner mit dem Koalitionsvertrag für NRW Quelle: dpa

Armin Laschet - oft unterschätzt, mehrfach unterlegen, immer wieder aufgestanden. Jetzt steht der 56-jährige Bergmannssohn kurz vor seinem Traumziel: Am Montag konnte der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende gemeinsam mit FDP-Chef Christian Lindner einen Koalitionsvertrag unterzeichnen - symbolträchtig auf einer Rheinwiese vor der Düsseldorfer Jugendherberge mit der imposanten Kulisse des Landtags und der gläsernen Staatskanzlei im Hintergrund.

„Das ist ein besonderer Moment“, sagt Laschet - zur Feier des Tages mit blauem Schlips mit vielen kleinen Hufeisen-Glücksbringern geschmückt. Dabei hatte die Zeremonie unter sonnigem Himmel mit einer kleinen Panne begonnen: Lindner und der CDU-Sozialpolitiker Karl-Josef Laumann kommen mit dem Flugzeug aus Berlin und können nicht pünktlich landen. Mit gut 20 Minuten Verspätung ist das derzeit einzige schwarz-gelbe Bündnis der Republik dann aber mit schwarzer Tinte besiegelt.

Die letzte Hürde muss Laschet an diesem Dienstag im Landtag nehmen: Für seine Wahl zum elften Ministerpräsidenten des Landes haben CDU und FDP nur eine hauchdünne Ein-Stimmen-Mehrheit. Unterstützung könnte von unerwünschter Seite kommen: Aus Reihen der neuen, 16 Mitglieder starken AfD-Fraktion „droht“ Zustimmung. AfD-Chef Marcus Pretzell will dazu wenige Stunden vor der Wahl eine Ankündigung abgeben.

Lindner gerät allein bei der Vorstellung einer AfD-Unterstützung in Wut: „Das wäre eine dreiste Täuschung der Wähler“, sagt der 38-Jährige der dpa. „Auf der Protestwelle ins Parlament zu schwimmen und dann ohne eigene inhaltliche Akzente eine Regierung mitzuwählen, wäre ein Ausdruck von Charakterlosigkeit.“ Laschet reagiert hingegen gelassen: „Ich setze auf unsere 100 Stimmen. Es kann ja auch sein, dass Einzelne von SPD oder Grünen mich mitwählen.“ Die Landesverfassung schreibt die geheime Wahl des Ministerpräsidenten vor.

Die eigentlichen Herausforderungen kommen erst noch

Unverdrossen hat der Aachener in den vergangenen Jahren für seinen Aufstieg gekämpft und sich auch dann nicht entmutigen lassen, wenn er als Nummer zwei hinter anderen Hoffnungsträgern landete. 2010 musste er gleich zwei Klatschen wegstecken: Karl-Josef Laumann wurde Landtagsfraktionschef, Norbert Röttgen Landesparteichef.

Laschets Zähigkeit ist Teil seines Erfolgsgeheimnisses. Jüngst musste der neue SPD-Landeschef Michael Groschek zerknirscht vor seiner Parteibasis einräumen: „Wir haben die Karre vor die Wand gefahren, weil wir uns zu sicher waren und nicht glaubten, dass Armin Laschet Hannelore Kraft besiegen kann.“

Und das hängt mit Laschets zweitem Erfolgsgeheimnis zusammen: Der kleine Mann wirkt wie der harmlose, nette Nachbar von nebenan und wird deshalb voreilig von der Konkurrenz unterschätzt. Aber Laschet kann warten und zupacken, wenn seine Stunde schlägt: Als Röttgen bei der NRW-Wahl 2012 versagte, griff Laschet beherzt und endlich erfolgreich nach dem Parteivorsitz. Als Krafts Kabinett die Unzufriedenheit des Volkes mit der rot-grünen Politik nicht mehr wahrnahm, lernte Laschet plötzlich Attacke und holte am 14. Mai den Sieg.

Doch die eigentlichen Herausforderungen liegen noch vor dem mit einer Buchhändlerin verheiraten Vater dreier erwachsener Kinder: NRW hat mit rund 140 Milliarden Euro den höchsten Schuldenberg aller Länder. Nur elf der 396 Städte und Gemeinden sind schuldenfrei. Den Kommunen hat Laschet Entlastung versprochen. „Der Finanzierungsnachweis für die schwarz-gelben Wunschzettel fehlt gänzlich“, sagte Groschek der dpa. „CDU und FDP müssen jetzt liefern.“

Das gilt auch für etliche andere Baustellen: Nach der Kölner Silvesternacht und Debatten über furchterregende „No-Go-Areas“ hat Laschet einen harten „Null-Toleranz-Kurs gegen Rechtsbrecher“ angekündigt. Außerdem müssen die Abkehr vom verhassten „Turbo-Abi“ möglichst reibungslos organisiert und der Verkehrsinfarkt abgewendet werden.

Kanzlerin und Bundesparteichefin Angela Merkel wird sich ebenfalls umstellen müssen. Ihr loyaler Parteivize wird von Lindner zur Emanzipation von der Bundespolitik gedrängt - und zwar nach bayerischem Vorbild. „Und jetzt viel Spaß“, wünschte Lindner nach Besiegelung des Vertrags.

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