Schweizer Steuer-Spionage in NRW „Agententhriller bei uns vor der Haustür“

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„Die nachrichtendienstliche Arbeit ist kein Streichelzoo“

Geheimdienst-Chef Markus Seiler sagte am Dienstag, es gelte zu verhindern, dass „jemand mit illegalen Mitteln Geheimnisse stiehlt“. Wenn jemand in der Schweiz zu illegalen Methoden greife, um an staatliche oder geschäftliche Geheimnisse zu kommen, dann sei das Spionage, sagte Seiler. „Und zu unseren Aufgaben gehört die Abwehr von Spionage.“ Auf den aktuellen Fall nahm Seiler dabei keinen Bezug. „Die nachrichtendienstliche Arbeit ist kein Streichelzoo“, fügte er hinzu.

Seit Januar 2006 hatten mehrere deutsche Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen, CDs mit Bankdaten von Steuersündern aus der Schweiz und Liechtenstein gekauft. Besonders Nordrhein-Westfalen kauft regelmäßig Bankdaten – insgesamt auf elf Datenträgern, teilweise für Millionenbeträge. Dadurch kamen nach Angaben des Finanzministeriums zusätzliche Steuereinnahmen von schätzungsweise sechs bis sieben Milliarden Euro bundesweit zusammen – allein 2,4 Milliarden Euro in NRW seit dem Jahr 2010. Etwa die Hälfte der Mehreinnahmen resultiert aus Selbstanzeigen von Steuerpflichten. Die andere Hälfte setzt sich nach einer Übersicht der NRW-Finanzverwaltung aus Bußgeldern gegen Banken, Mehrsteuern sowie Geldstrafen und Geldauflagen zusammen.

Das Vorgehen sorgt seit mehreren Jahren für Verstimmungen in den Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz, war von höchsten deutschen und europäischen Gerichten allerdings als juristisch zulässig anerkannt worden.

Die "schlimmsten Steueroasen" der Welt
British Virgin Islands Quelle: dpa
Mauritius Quelle: dpa Picture-Alliance
Barbados Quelle: REUTERS
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Bahamas Quelle: worachatphoto.com copyrighted 2014 - Fotolia
Zypern Quelle: dpa
Hongkong Quelle: dpa

Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die deutsch-schweizerische Beziehungskrise im März 2009. Der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte die Debatte um den Kampf gegen das Schweizer Bankgeheimnis mit dem Einmarsch einer Kavallerie im Wilden Westen verglichen. Am 13. März 2009 gaben Schweizer Behörden bekannt, ihr Bankgeheimnis bei Steuerhinterziehung zu lockern und künftig die Standards der Staatengemeinschaft OECD zu befolgen. Bern hatte eingelenkt, weil eine „schwarze Liste“ aufgetaucht war, auf der die Schweiz als Steueroase bezeichnet worden war.

Gegen den in Deutschland festgenommenen Schweizer wird nach Informationen des Schweizer Radios übrigens auch in der Schweiz ermittelt. Daniel M. werde vorgeworfen, vermeintliche Schweizer Bankdaten an Deutsche verkauft zu haben, wie sein Schweizer Anwalt Valentin Landmann am Montag dem Schweizer Fernsehen SRF sagte. „Daniel M. wurde damals in einer Agent-Provocateur-Aktion von Deutschen angesprochen und ist bis zu einem gewissen Grad auf diese Angebote eingegangen“, sagte er. Sein Mandant habe aber keinerlei gültige Bankdaten aus der Schweiz geliefert. Als „Agent Provocateur“ wird jemand bezeichnet, der Dritte zu rechtswidrigen Handlungen animieren soll.

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