Natürlich sterben immer die Falschen, grundsätzlich. Aber das Jahr 2016 hat es da besonders in sich. Zuletzt waren es der Gastronomiekritiker Wolfram Siebeck sowie die Schauspieler Bud Spencer und Götz George. Tragisch, keine Frage. Aber bitte hört auf, das Jahr 2016 als Mörder zu beschimpfen. Es kann überhaupt nichts dafür.
Zum Autor
Serdar Somuncu ist Kabarettist, Buchautor und Schauspieler. Der 48-Jährige tritt unter anderem regelmäßig in der ,,heute-show" des ZDF auf.
Menschen sterben nun einmal, und ein Jahr ist nichts anderes als ein Zeitraum. Damit, dass angeblich ausgerechnet in diesem Jahr so viele große Persönlichkeiten gestorben sind, hat 2016 absolut nichts zu tun. Im Gegenteil. 2014 und 2015 waren mindestens genauso garstig und grausam.
Mittlerweile gehört es im Netz zum festen Bestandteil der öffentlich zelebrierten Trauer, dass man neben sein obligatorisches „R.I.P.“ („Rest in peace“) oder „Mach’s gut“ auch noch ein abergläubisches „Schon wieder 2016“ setzt, um zu unterstellen, dass 2016 ein Jahr ist, das einen perfiden Plan gegen die Menschheit hegt.
Eine Verschwörungstheorie gegen ein Jahr. Was für ein hanebüchener Quatsch.
Also räumen wir jetzt ein für alle Mal mit diesem Mist auf. Jahre töten keine Menschen, und die Wahrscheinlichkeit, dass es ein besonders blutrünstiges Jahr auf Promis abgesehen haben könnte, ist gleich null.
Vielmehr scheint es bei der Kommentargemeinde eine wachsende Begeisterung für absurde Theorien und sinnlose Behauptungen zu geben. Immer wenn etwas passiert, wissen einige es besser. Es passiert nämlich nichts ohne Grund. Aha?
Vielleicht ist das auch eine Folge des Statistik- und Nachrichtenwahns, in dem man hinter jeder Meldung auch noch die drohende Apokalypse sucht. Klimawandel, Flugzeugabstürze, Amokläufe.
Alles wird immer schlimmer, immer mehr und überall.
Es ist der Fluch der Filterblasen im Netz: Wir sind ein Volk von Vermutern und Verdächtigern geworden, und unsere stärkste Waffe gegen unsere Angst ist die Verbündung im Unsichtbaren. Wenn ich nur vermute, dass irgendwo Schlimmes passiert, dann weiß ich wenigstens, wer oder was für das Unglück verantwortlich ist. So ein Schwachsinn.
Nutzerzahlen der bekanntesten sozialen Medien
10 Millionen aktive Nutzer hat das Karriereportal Xing monatlich.
Quelle: We are social, Unternehmensangaben
LinkedIn hat deutlich mehr aktive User: 100 Millionen Menschen nutzen das Karriereportal im Monat.
Auch das soziale Bildernetzwerk Pinterest kommt auf 100 Millionen registrierte, aktive Nutzer.
Noch weit vor Pinterest, LinkedIn und Xing liegt Snapchat, der kostenlose Instant-Messaging-Dienst zur Verbreitung von Bildern und Videos. 200 Millionen Menschen nutzen Snapchat im Monat.
Den Nachrichtendienst Twitter nutzen jeden Monat 320 Millionen Menschen.
Der Online-Dienst zum Teilen von Fotos und Videos - Instagram - registriert 400 Millionen aktive Nutzer im Monat.
Der erfolgreichste Instant-Messaging Dienst ist WhatsApp mit 1000 Millionen Nutzern pro Monat.
Das soziale Netzwerk Facebook kann jedoch keiner der anderen sozialen Netzwerke toppen: 1600 Millionen User nutzen das Portal jeden Monat aktiv.
Je mehr Menschen wir finden, die sich an unseren Ideen beteiligen, desto mehr fühlen wir uns bestätigt. Wir glauben, in einer Welt zu leben, die eigentlich nur ein Trugbild der Realität ist, in der wir uns befinden. Die eigentliche Realität liegt dahinter. Und nur wer genau recherchiert, der findet heraus, dass vieles nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint.
Wäre es dann nicht einfacher, wieder an Gott zu glauben? Denn der hat das schon vor langer Zeit erfunden, dass er als unsichtbarer Schöpfer verantwortlich ist für den Lauf aller Dinge. Bei ihm wäre man jedenfalls in besseren Händen als bei der Vermutung, dass ein Jahr zum Mörder werden könnte.
R.I.P. 2016!