Letztes Jahr bin ich mit dem Auto durch Europa gereist. Nachdem ich für die Fahrt in Frankreich fast 200 Euro an Mautstationen hinlegen musste, folgte die Schweiz, in der ich für eine 14-Monats-Vignette, die ich nicht wollte und nicht brauchte, 40 Franken berappte. Dann langte Österreich hin mit einer Wochenvignette für knapp zehn Euro, ein echtes Schnäppchen. In Spanien und Portugal waren jeweils knapp 50 Euro Gebühr fällig – bis ich am Ende für die freie Fahrt durch das grenzenlose Europa fast 500 Euro hinblättern musste. Dabei waren die Straßen im Vergleich zum mautfreien Deutschland nicht in einem besseren Zustand, und weniger Staus gab es auch nicht.
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Serdar Somuncu ist Kabarettist, Buchautor und Schauspieler. Der 48-Jährige tritt unter anderem regelmäßig in der ,,heute-show" des ZDF auf.
Es war einfach eine Selbstverständlichkeit, dass derjenige, der Autobahn fahren möchte, dafür auch zu zahlen hat. Im Gegensatz dazu herrschen in Deutschland, das im Herzen Europas liegt und als Transitland beliebt ist, geradezu paradiesische Verhältnisse. Alles fast umsonst und dann auch noch das beste Autobahnnetz der Welt.
Zwar gibt es schon seit Längerem eine Lkw-Maut. Aber gegen die Abzocke anderer europäischer Länder ist Deutschland immer noch ein Eldorado für billigen Transportverkehr. Kein Wunder, dass manche Spediteure sogar weite Umwege in Kauf nehmen, nur um die horrenden Gebühren der Autobahnbetreiber im europäischen Ausland zu umgehen. Die Folge ist, dass unser Straßennetz in Deutschland regelmäßig vor Staus zusammenbricht, weil der gesamte Güterverkehr der Osteuropäer über die Ost-West-Achse rollt, während der Rest die Nord-Süd-Achse blockiert.
Die Pkw-Maut ist seit Jahren schon das Gespenst der deutschen Politik: Jeder glaubt, sie aufziehen zu sehen. Will man sie aber konkret zu fassen kriegen, verflüchtigt sie sich wieder. Sei es, weil Brüssel widerspricht, sei es, weil wir angeblich hohe Kfz-Steuern zahlen und den Autofahrern keine weitere Belastung zugemutet werden soll.
Dabei gäbe es aus meiner Sicht viele Möglichkeiten, eine Autobahnmaut gerecht auf die Nutzer zu verteilen. Wer viel fährt, zahlt mehr. Wer selten fährt, zahlt weniger. Wer professionell fährt, muss entsprechend zur Kasse gebeten werden.
Pkw-Maut in ausgewählten europäischen Ländern
Autofahrer brauchen für die Benutzung der sogenannten Nationalstraßen, zu denen auch die Autobahnen gehören, eine Vignette. Sie gilt ein Jahr und kostet 40 Schweizer Franken
Für Autobahnen und Schnellstraßen ist eine Vignette nötig. Sie kostet für 10 Tage 8,80 Euro, für ein Jahr 85,70 Euro.
Kroatienurlauber fahren meist durch Slowenien. Für Autobahnen und Schnellstraßen brauchen sie eine Vignette, die 15 Euro pro Woche kostet
Die Autobahnen A1, A2 und A4 sind streckenweise gebührenpflichtig.
Auf fast allen Autobahnabschnitten wird eine streckenabhängige Maut fällig.
Urlauber müssen auf fast allen Autobahnen zahlen. Die Gebühr hängt auch von der gefahrenen Distanz ab.
Bei der Auffahrt auf die Autobahn bekommen Fahrer in der Regel ein Ticket, das sie beim Verlassen je nach Distanz bezahlen.
Die meisten Autobahnen kosten. Die Bezahlung erfolgt je nach Strecke an Mautstationen oder elektronisch.
Den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern wäre zudem eine gute Alternative, von der sowohl die Bahn als auch der Straßenverkehr insgesamt profitieren könnten und zudem entlastet werden würden.
Aber immer noch ist die Debatte über solche vernünftigen Lösungen Mittelpunkt von Streitereien, die hauptsächlich zwischen Lobbygruppen ausgetragen werden. Auf der einen Seite die Autofahrerlobby, die sich nichts vorschreiben lassen will. Auf der anderen Seite der Fiskus, der endlich Profit aus der katastrophalen Überlastung des Verkehrssystems schlagen möchte.
Leidtragender bleibt der deutsche Autofahrer, der nicht versteht, warum er im Ausland bedingungslos zur Kasse gebeten wird, während im Inland der Verkehr blockiert wird von denen, die sonst teures Geld für ihre Straßen verlangen. Jetzt zieht Deutschland endlich nach. Für mich ein längst überfälliger Schritt.