Skandal um Edathy Hans-Peter Friedrich tritt zurück

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Juristen sind sich über Friedrichs Verhalten uneinig

Sebastian Edathy (r) begrüßt Ende 2012 Hans-Peter Friedrich. Quelle: dpa

Die Staatsanwaltschaften in Berlin und Hannover prüfen derzeit noch die Einleitung förmlicher Ermittlungen gegen Friedrich wegen Geheimnisverrats. Neben der strafrechtlichen Bewertung müsste auch geklärt werden, welche der Behörden ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren Innen- und heutigen Agrarminister einleiten würde, teilten die Behörden mit. Nach dem Tatortprinzip wäre Berlin zuständig, weil Friedrich dort seinen Sitz hat. Legt man den sachlichen Zusammenhang zugrunde, wäre das Verfahren ein Fall für Hannover, weil hier gegen Sebastian Edathy ermittelt wird.

Die Jungen Liberalen forderten bereits am Donnerstag die Einrichtung eines Bundestags-Untersuchungsausschusses. Auch Linke-Chef Riexinger sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“: „Wenn die offenen Fragen nicht schnell und plausibel beantwortet werden, wird das Parlament alle ihm zur Verfügung stehenden Aufklärungsinstrumente zu nutzen wissen.“ Die Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, forderte in den „Kieler Nachrichten“: „Hans-Peter Friedrich muss klipp und klar erklären, wer wann was wusste.“ Ihre Parteikollegin Renate Künast sprach in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ von einem „Stück aus dem Tollhaus“.

Juristen sind sich bei der Bewertung des Verhaltens von Friedrich uneinig. Der Rektor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Joachim Wieland, sieht kein Fehlverhalten des heutigen Bundesagrarministers: „Der Innenminister durfte den SPD-Vorsitzenden Gabriel über mögliche Ermittlungen gegen Herrn Edathy informieren„, sagte Wieland „Handelsblatt Online“ am Freitag. Abgeordnete hätten ein Recht auf Information gegenüber der Exekutive aus Grundgesetz-Artikel Art. 38 Absatz 1. „Dementsprechend sind Regierungsmitglieder zur Weitergabe auch geheimer Informationen berechtigt.“ Die Abgeordneten seien allerdings aus ihrem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis heraus verpflichtet, ihnen von der Regierung mitgeteilte Geheimnisse geheim zu halten.

Der Staats- und Verwaltungsrechtler Ulrich Battis sagte dagegen im RBB-Inforadio, er halte es für eindeutig, dass Friedrich ein Amtsgeheimnis weitergegeben habe. „Jeder Angehörige des öffentlichen Dienstes bekommt eingebleut, dass er keine Amtsgeheimnisse verraten darf. Und wenn das dann der Oberste tut, ist der Schaden da.“ Ob dies allerdings strafrechtlich relevanter Geheimnisverrat sei, müsse man erst prüfen.

Der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart sagte der „Welt“: „Die Informationen hätten im Innenministerium bleiben müssen.“ Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, geht hingegen davon aus, dass Gabriel und Oppermann „mit den Informationen des Bundeskriminalamts verantwortungsvoll umgegangen sind“. „Alles andere sind Verschwörungstheorien“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.

Edathy hatte am vergangenen Freitag nach über 15 Jahren im Bundestag sein Mandat niedergelegt und dafür gesundheitliche Gründe genannt. In einer Erklärung betonte der 44-Jährige: „Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr.“ Ein strafbares Verhalten liege nicht vor, erklärte Edathy. Er warf der Staatsanwaltschaft Hannover vor, die Razzien seien unverhältnismäßig gewesen.

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