Smartwatches für Kinder Bundesbehörde verbietet Spionage-Kinderuhren

Fast alles lässt sich heute vernetzen – von Autos und Kühlschränken über Puppen bis hin zu Herzschrittmachern. Das ist nicht ohne Risiko. Kinderuhren mit Abhörfunktion wurden jetzt auf den Index gesetzt.

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Smartwatch: Bundesbehörde verbietet Spionage-Kinderuhren Quelle: dpa

Berlin Die Bundesnetzagentur hat ein Verkaufsverbot gegen Kinderuhren mit Abhörfunktion verhängt. Gegen mehrere Angebote im Internet ist die Regulierungsbehörde bereits vorgegangen. Die Netzagentur sah sich zum Handeln veranlasst, nachdem sie festgestellt hatte, dass etwa Eltern über eine App solche Kinderuhren nutzen können, um unbemerkt die Umgebung des Kindes abzuhören. Solche Uhren seien „als unerlaubte Sendeanlage anzusehen“, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann. „Nach unseren Ermittlungen werden die Uhren von Eltern zum Beispiel auch zum Abhören von Lehrern im Unterricht genutzt.“

Laut Angaben der Behörde gibt es auf dem deutschen Markt eine große Anzahl von Anbietern, die Smartwatches für Kinder mit einer Abhörfunktion anbieten. Zielgruppe seien Kinder im Alter von 5 bis 12 Jahren.

Diese Uhren verfügen demnach über eine SIM-Karte und eine eingeschränkte Telefoniefunktion, die über eine App eingerichtet und gesteuert werden. Eine solche Abhörfunktion wird häufig als „Babyphone-“ oder „Monitorfunktion“ bezeichnet. „Der App-Besitzer kann bestimmen“, so die Netzagentur, „dass die Uhr unbemerkt vom Träger und dessen Umgebung eine beliebige Telefonnummer anruft.“ Auf diese Weise könnten unbemerkt die Gespräche des Uhrenträgers und dessen Umfeld abgehört werden. Eine derartige Abhörfunktion sei in Deutschland aber verboten.

Die Bundesnetzagentur rät speziell Schulen, verstärkt auf Uhren mit Abhörfunktion bei Schülern zu achten. Sofern Käufer solcher Uhren der Bundesnetzagentur bekannt werden, fordert sie diese auf, die Uhr zu vernichten und einen Nachweis hierüber an die Bundesnetzagentur zu senden. Eltern wird daher geraten, die Uhren eigenständig unschädlich zu machen und Vernichtungsnachweise hierzu aufzubewahren.

In Deutschland ist Spielzeug, das funkfähig und zur heimlichen Bild- oder Tonaufnahme geeignet ist, nach § 90 Telekommunikationsgesetz (TKG) verboten. Die Bundesnetzagentur recherchiert ständig nach verbotenen Sendeanlagen, etwa indem sie regelmäßig verschiedene Internet-Plattformen sichtet und zur Löschung von Angeboten auffordert, die gegen das TKG verstoßen. Außerdem geht sie Hinweisen von Verbrauchern oder Wettbewerbern auf mögliche verbotene Sendeanlagen nach und überprüft die Angebote, auf die hingewiesen wurde.


Politik hat vernetzte Geräte im Visier

Ein bekanntes Beispiel für einen Spionage-Artikel ist die sprechende und vermeintlich harmlose Puppe „Cayla“ – laut Werbung „fast wie eine richtige Freundin“, die über eine britische Spielzeugfirma in Deutschland angeboten wurde. Die Puppe hat ein Mikrofon sowie eine Funkverbindung und wurde von der Bundesnetzagentur als „versteckte sendefähige Anlage“ eingestuft und im Februar vom Markt genommen. Denn schließlich kann die Puppe Gespräche im Kinderzimmer aufzeichnen; obendrein ließ sich die Funkverbindung leicht knacken, so dass Externe mithören konnten.

Solche Fälle beschäftigen auch die Politik. Im Frühjahr nahmen die Länderinnenminister die Risiken in den Blick, die von internetfähigen aber ungesicherten Kühlschränken, Waschmaschinen, Puppen und anderen vernetzten Gegenständen ausgehen. Seinerzeit hieß es, der Gefahr solle mit Sicherheitszertifikaten und einer Herstellerhaftung begegnet werden, da bei der Entwicklung von Internet-der-Dinge-Geräten „nicht ausreichend auf IT-Sicherheit geachtet“ werde.

„Schlecht entwickelte, unsicher konfigurierte und kaum gewartete und nicht upgedatete Geräte bieten Cyber-Angreifern Angriffsflächen und weitreichende Möglichkeiten, Informationen auszuspähen, Geschäfts- und Verwaltungsprozesse zu sabotieren oder sich anderweitig auf Kosten Dritter kriminell zu gerieren“, lautete die Bedrohungsanalyse.

Experten schätzen, dass es allein in Deutschland in drei Jahren mindestens 23 Millionen Smart-Home-Geräte geben wird, die mit eigener IP-Adresse aus dem Internet gesteuert werden können. Dazu zählen etwa Kühlschränke, die zur Neige gehende Lebensmittel melden.

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