




Die Führung hatte nur kurz Bestand. Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück lag in der Gunst der Twitter- und Facebook-User zu Beginn der vergangenen Woche kurz vorne, doch inzwischen hat Angela Merkel ihren Widersachen erneut überholt. Mit knapp 58 Prozent Zustimmung liegt sie vor dem SPD-Herausforderer (42 Prozent). Auch bei den Wahlumfragen verharrt die Sozialdemokraten bei schwachen 22 Prozent. Grüne verlieren sogar. Die Aufholjagd der Sozialdemokraten stockt damit – abgeblasen ist sie noch nicht.
Die Ergebnisse der vergangenen Woche zeigen, dass sich die SPD Hoffnung auf eine Trendwende machen kann. Das heißt nicht, dass sie in den Umfragen der CDU gefährlich werden kann – doch für eine Annäherung könnte es reichen. Und nur zwei oder drei Prozentpunkte mehr, und Schwarz-Gelb hat im neuen Bundestag keine Mehrheit mehr. Damit dem so ist, muss die SPD Klartext sprechen. Das jedenfalls ist die Lehre unserer Analyse von Twitter und Facebook. Steinbrück kommt in den Sozialen Netzwerken immer dann gut an, wenn er kein Blatt vor dem Mund nimmt. So gehört sein Statement zur Rüstungspolitik zu den Exportschlagern. "Es wird mit mir als Bundeskanzler keine Waffenexporte in Krisengebiete geben", twitterte Steinbrück über seinen Account @peersteinbrueck am 25. August. 43 Mal wurde der Beitrag seitdem retweetet (also weitergetragen), 28 Mal mit dem Button "Favorisieren" positiv hervorgehoben.
"Es wird mit mir als Bundeskanzler keine Waffenexporte in Krisengebiete geben." #klartext
— Peer Steinbrück (@peersteinbrueck) August 25, 2013
Viel Resonanz und Lob gab es auch auf Steinbrücks Tweet zur Späh-Affäre, ebenfalls von 25. August. "Bei NSA-Affäre schwafelt Herr Pofalla rum. Ich möchte wissen welche Daten die NSA in Deutschland abschöpft", sendete der SPD-Mann (bzw. sein Presseteam) in die Twitter-Welt. 23 User teilten den Beitrag, 16 favorisierten ihn.
Allgemeinplätze wie "Ich will, dass wir mehr Geld in Bildung investieren" oder "Es geht uns nur so gut, wie es unseren Nachbarn gut geht", reißen hingegen kaum jemand vom Hocker. Ebenfalls bemerkenswert: Auch auf klassische sozialdemokratische Themen gibt es kaum Resonanz. Der vermeintliche SPD-Wahlkampfschlager, die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns und eine Mietpreisbremse, werden auf Twitter und Facebook deutlich öfter kritisch als positiv besprochen. Punkten kann die SPD hingegen mit den Themen Demokratie, Jugend und Außenpolitik.
"Die Analyse der Tweets zeigt, dass die SPD bei den Twitter-Usern, die im Durchschnitt jünger und besser ausgebildet sind und ein höheres Einkommen haben als der durchschnittliche Deutsche, vor allem mit diesen Themen punkten kann und weniger mit klassischen sozialdemokratischen Themen“, bilanziert Holger Rath, Analyst beim Datenspezialisten Attensity, der die Sprachanalyse für die WirtschaftsWoche durchführt.
Das freilich gilt auch für den Straßen-Wahlkampf. Zwar wird Peer Steinbrück ähnlich viel Wirtschaftskompetenz unterstellt wie der Amtsinhaberin von der CDU. Für Wechselstimmung sorgt dieses Patt aber nicht. Die SPD muss Klartext sprechen. Nur so kann sie der Kanzlerin gefährlich werden. In den Sozialen Netzwerken. Und bei der Wahl.
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